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Plagiatsaffäre Schavan
Lammert revanchiert sich mit Absage von Festrede

Wegen des Umgangs der Uni Düsseldorf mit dem Plagiatsfall Annette Schavan hat Bundestagspräsident Norbert Lammert eine Festrede abgesagt. Zuvor hatte die Hochschule Größen aus Politik und Wissenschaft vorgeworfen, im Fall Schavan Druck ausgeübt zu haben.

30.07.2014
    Bundestagspräsident Norbert Lammert
    Norbert Lammert will keine Festrede zum 50-jährigen Bestehen der Hochschule Düsseldorf halten. (dpa / picture-alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Lammert selbst erklärte in einem Schreiben an den Rektor der Universität, er habe "unterschätzt, welche Bedeutung das Verfahren zur Aberkennung des Doktorgrades von Annette Schavan noch immer nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch im Selbstverständnis der Düsseldorfer Hochschule hat". Vor wenigen Tagen war der Abschlussbericht der Universität Düsseldorf zum Plagiatsverfahren gegen Annette Schavan bekannt geworden. Demnach haben Größen aus Politik und der Wissenschaft versucht, die Ermittlungen zugunsten der Ex-Bundesbildungsministerin zu beeinflussen. "Der Druck auf die Uni Düsseldorf war wohl sehr, sehr groß", sagte der Journalist Stefan Lauscher im Deutschlandfunk. 
    Lammert moniert "demonstrative Auszeichnung" zweier Professoren
    Der Bundestagspräsident verwies in seiner Absage unter anderem auf die "demonstrative Auszeichnung" von zwei Professoren, die bei dem Verfahren gegen die damalige Forschungsministerin eine zentrale Rolle gespielt hatten. Ihn irritiere in diesem Zusammenhang, dass gleichzeitig "jegliche kritischen Stimmen auch und gerade von hochangesehenen Wissenschaftlern und aus den akademischen Spitzenverbänden ausnahmslos zu einer unerwünschten Einmischung und zu unzulässigen versuchten Einflussnahmen erklärt werden."
    Die Universität hatte die Professoren Bruno Bleckmann und Stefan Rohrbacher Mitte Juli mit der Universitätsmedaille ausgezeichnet. Rektor Michael Piper lobte die Wissenschaftler dabei ausdrücklich für "ihre beispielhafte akademische Zivilcourage". Sie hätten die Freiheit zur Kritik fehlerhafter wissenschaftlicher Arbeiten in einem Fall großer öffentlicher Einflussnahme mutig verteidigt. Rohrbacher hatte für die Universität die Dissertation Schavans bewertet. Bleckmann ist Dekan der Philosophischen Fakultät und Vorsitzender des Fakultätsrats. Dieses Gremium hatte Schavan Anfang 2013 wegen "vorsätzlicher Täuschung" in ihrer Promotionsarbeit den Doktortitel entzogen. Als Bildungsministerin trat sie daraufhin zurück.
    Auch Lammert wurde 2013 kurzzeitig des Plagiats verdächtigt - und dann entlastet
    Die Universität war im Verlauf des Plagiatsverfahrens gegen Schavan immer wieder heftiger Kritik ausgesetzt gewesen, auch weil Details aus einem internen Bericht vor Abschluss des Verfahrens an die Öffentlichkeit gelangt waren.
    Lammert erklärte: "Für einen unbefangenen Beobachter des Düsseldorfer Verfahrens kann und will ich mich nicht halten, aber für fragwürdig im wörtlichen Sinne halte ich es allerdings." Das mache ihn als Festredner ungeeignet. An der Düsseldorfer Uni bedaure man Lammerts Entscheidung: "Wir hätten uns sehr gefreut, Herrn Doktor Lammert als Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland zu empfangen." Auch Lammert war 2013 verdächtigt worden, in seiner Dissertation abgeschrieben zu haben. Den Verdacht wies Lammert als "ehrenrührig" zurück. Von den Vorwürfen wurde er später entlastet.
    (tzi/tgs)