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Plagiatsfälle
Doktorvater der Uni Münster wird bestraft

Die Universität Münster sieht sich mit einer auffälligen Häufung von Verdachtsfällen konfrontiert, dokumentiert von der Internetplattform VroniPlag Wiki. 30 Plagiatsfälle gibt es bereits, 23 davon allein bei der medizinischen Fakultät. Jetzt will die Uni nicht nur die Abschreiber bestrafen, sondern auch ihre Prüfer.

Von Heike Zafar | 02.10.2015
    Ein Student der Universität Bonn in Talar und Barett / Doktorhut während der Abschlussfeier
    Hat der Doktorvater die Arbeiten seiner Doktoranden gar nicht gelesen? (imago/Rainer Unkel)
    Er ist Professor und renommierter Arzt. An der Uni Münster leitet er ein Forschungsinstitut. Vielleicht hatte er deshalb einfach zu wenig Zeit, vielleicht hat er die Arbeiten seiner Doktoranden gar nicht gelesen? Jedenfalls ist ihm offenbar nicht aufgefallen, dass mindestens vier seiner Doktoranden seitenweise abgeschrieben haben. Rausgeschmissen wird der Professor deshalb nicht, sagt Uni Sprecher Norbert Robers, aber
    "Freiwillige Leistungen die darüber hinausgehen, das kann Personal sein, das kann zusätzliches Geld sein, Boni, Leistungszulagen, das können auch zusätzliche Räume sein, Laborflächen, die können und sollen nach Dafürhalten des Rektorats und der Kommission gekürzt werden."
    Es waren Kollegen des Professors, darunter auch der Dekan des Fachbereichs Medizin, Wilhelm Schmitz, die auf Sanktionen gedrängt hatten: "23 Doktorarbeiten mit Plagiaten allein bei uns", das ist zu viel, sagt Schmitz, er hält die Strafe für angemessen:
    "Für mich wäre das die Höchststrafe aber wir sind schon der Ansicht, wenn ein Fehlverhalten festgestellt worden ist in so gravierendem Ausmaß, dass es dann auch Sanktionen geben muss."
    Die aufgedeckten Fälle sind besonders krass
    Jedenfalls will die Uni Münster damit ein Zeichen setzen, schließlich habe das Image des ganzen Fachbereichs Medizin enorm gelitten, so Professor Schmitz:
    "Wir haben zugegebenermaßen eine riesige Spanne von Promotionen, auch was die Qualität der Doktorarbeiten betrifft und der Generalverdacht, ja trifft und kratzt auch am Image."
    Tatsächlich sind die aufgedeckten Fälle an der Uni Münster besonders krass: Eine Doktorarbeit hat beispielsweise 21 Seiten, davon sind 17 fast eins zu eins aus einer anderen Promotionsarbeit kopiert, ein anderer Student hatte sogar auf jeder Seite abgeschrieben. Das ist super-peinlich, meint Zülfü Cosgun , Medizin- Student im siebten Semester, aber:
    "Ich bin der Ansicht, dass die Fälle die jetzt auch in der Presse bekannt geworden sind, traurige Fälle sind. Aber nichts desto weniger Einzelfälle, ich glaube schon das der überwiegende Teil mit qualitativem Anspruch angegangen wird und wir als Studierende arbeiten auch daran, die Situation zu verbessern an allen Stellen wo es hakt, dass es zwei oder drei Betreuer gibt und nicht nur einen Hauptbetreuer wie es zur Zeit ist."
    Weitere Professoren müssen mit Sanktionen rechnen
    Doch damit ist die Sache noch nicht erledigt. Schon jetzt ist klar, dass weitere Professoren an der Uni Münster mit Sanktionen zu rechnen haben. Und auch weitere Studierende: Am Fachbereich Medizin wurden in den vergangenen Monaten 1.300 Doktorarbeiten mit einem speziellen Plagiatserkennungsprogramm geprüft. Ergebnis: In 18 weiteren, von Vroniplag noch nicht entdeckten Fällen wurden gravierende Plagiate gefunden, so Dekan Wilhelm Schmitz:
    "Davon werden wir dann auch einige in die Untersuchungskommission geben, die wir eingerichtet haben, also wir sind selber hochgradig daran interessiert, das alles zu klären."
    Und: Nur falls sich jetzt hier jemand ertappt fühlen sollte, dann tröstet das Fazit von Münsters Uni-Sprecher Norbert Robers sicher nicht.
    "Was Sie aufs Spiel setzen, falls tatsächlich mal herauskommen sollte, dass Sie nicht sauber gearbeitet haben, hier redet man ja vom Entzug des Doktortitels, was beruflich möglicherweise schwerwiegende Konsequenzen hat, das sollte sich jeder vorher vor Augen führen."