Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Steffel muss damit rechnen, dass er seinen Doktortitel verliert. Steffel hatte vor knapp 20 Jahren an der Freien Universität im Bereich Wirtschaftswissenschaften promoviert. Jetzt hat eine Kommission der Freien Universität der Universitätsleitung empfohlen, Steffel die Doktorwürde abzuerkennen "aufgrund von Fehlern in der Zitiertechnik", wie der Tagesspiegel schreibt.
"Frank Steffel hat abgeschrieben, hat zwar dazugeschrieben, wo er abgeschrieben hat, aber hat die wörtlichen Übernahmen nicht kenntlich gemacht, und das in sehr großem Umfang", sagt der Plagiatsjäger Martin Heidingsfelder, der die FU im vergangenen Herbst auf Steffels Doktorarbeit aufmerksam gemacht hatte.
Unbekannte Geldgeber im Hintergrund
Heidingsfelder hatte Steffels Doktorarbeit im Auftrag eines Geldgebers untersucht, den Heidingsfelder nicht nennen möchte. Steffel übernehme in seiner Arbeit seitenweise wortwörtlich fremde Texte, so Heidingsfelder, gebe zwar die Quelle an, mache die wörtlichen Übernahmen jedoch nicht als Zitate deutlich. Dass das Uni-Gremium nun nach Prüfung empfiehlt, Steffel die Doktorwürde wieder zu entziehen, begrüßt der bezahlte Plagiatsjäger. Steffel müsse jetzt sein Bundestagsmandat niederlegen. "Ja, ich habe da schon meinen Spaß dabei. Für mich ist das ein großer Triumph."
Noch ist Steffel seinen Doktortitel aber nicht los. Allerdings will er ihn nicht "aktiv nutzen", bis die Leitung der Freien Universität über die Empfehlung der Kommission entschieden hat. Das soll laut FU bis zum Wintersemester passieren.
"Doktorväter haben bestätigt, dass Zitierweise korrekt war"
"Sollten sie diese Entscheidung treffen, was ich nicht für ausgeschlossen halte, weil sie meistens der Kommission folgen, dann werden wir dagegen klagen und das Verfahren vor Gericht überprüfen lassen", sagt der Rechtsanwalt Peter Raue, der Frank Steffel in der Sache vertritt. Trotz seitenlanger Zitate ohne Anführungszeichen hält Steffels Anwalt den Plagiatsvorwurf nicht für stichhaltig:
"Der Plagiatsvorwurf wäre nur dann stichhaltig, wenn er bei der Abgabe seiner Dissertation seine Doktorväter und die Universität getäuscht hat. Das ist ganz offensichtlich hier nicht der Fall, denn beide Doktorväter haben bestätigt, dass sie die Zitierweise, die er damals gewählt hat, für korrekt, richtig und wissenschaftlich in Ordnung halten und dass sie über die Art der Zitierweise informiert waren. Und beide haben schriftlich bestätigt, dass sie sich durch die Dissertation nicht getäuscht fühlen."
Kaum neue Plagiatsfälle
Steffels Doktorvater Dietrich Winterhager sagt am Telefon, er kommuniziere nur mit der FU und zwar vertraulich. Zu Steffels Arbeit wolle er nichts sagen. Das Argument, Steffels Zitierweise - Quellenangabe, aber keine Anführungszeichen - sei vor 20 Jahren üblich und daher wissenschaftlich korrekt gewesen, will Heidingsfelder nicht gelten lassen: "Es ist hinlänglich bekannt, dass sich die Zitierrichtlinien nicht irgendwie von Fach zu Fach oder von Jahr zu Jahr ändern. Und an die haben sich natürlich auch Herr Winterhager und Herr Steffel zu halten.
Seit den aufsehenerregenden Enthüllungen rund um den damaligen Verteidigungsmister Karl-Theodor zu Guttenberg und die ehemalige Bildungsministerin Annette Schavan scheint es zuletzt ruhiger geworden zu sein. Plagiatsjäger Heidingsfelder nennt mehrere Gründe: "Ich denke, dass die Minister ziemlich alle durchgeprüft sind."
Viele Plagiatsenthüllungen gingen auf das Konto der Ehrenamtlichen rund um die Plattform Vroniplag. Die hatte Martin Heidingsfelder nach eigenen Aussagen alleine gegründet*, ist jedoch im Streit um wissenschaftliche Standards ausgeschieden. Seitdem sei die Pressearbeit von Vroniplag schlechter geworden, sagt Heidingsfelder. Ehrenamtliche Aktivisten von Vroniplag, die nicht genannt werden wollen, bestreiten das am Telefon und verweisen auf ihre Liste mit Pressepublikationen.
*Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle wurde der Text nachträglich geändert. Zuvor stand dort, Martin Heidingsfelder habe die Plattform "mitgegründet". Nach eigenen Aussagen ist Martin Heidingsfelder aber alleiniger Gründer der Plattform. Ehemalige Mitarbeiter sagen dagegen, dass die Gründung gemeinschaftlich erfolgt sei. Auch in der aktuellen Version des Wikis Vroniplag wird über die Frage nach dem Gründer bzw. Initiator diskutiert.