Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Plastik
Individuelle Ausweise im Scheckkartenformat

Der Blick ins eigene Portemonnaie zeigt: Da drängeln sich viele Plastikkarten. Ein junges Unternehmen aus Bochum hat sich darauf spezialisiert, solche Karten zu produzieren.

Von Klaus Deuse | 03.01.2014
    "Im Moment drucken wir Mitarbeiterausweise beziehungsweise Schülerausweise. Da werden also Fotos und Layouts bereitgestellt von dem Kunden. Und ich richte die halt ein, dann kommt der Name drauf, Foto und jeweilige Barcodes oder Adressen. Und wenn die dann richtig eingerichtet sind, wird der Druckauftrag losgesendet."
    Am Computer hat Mitarbeiter Marko Jahn alle Details akribisch bearbeitet. Und nun, drei Räume von seinem Arbeitsplatz am Bildschirm entfernt, achtet er darauf, dass der Drucker die Ausweise auch nach seinen Vorgaben ausspuckt. 800 Ausweise in Gestalt kleiner Plastikkärtchen, hergestellt von einem kleinen Unternehmen in Bochum, das sich, um sich abzuheben, einen ausgefallenen Namen gegeben hat: Plastikkarten-Monster GmbH.
    Ein Start-up-Unternehmen, das knapp drei Jahre nach der Gründung über drei Millionen Plastikkarten unters Volk bringt. Jährlich – mit stetig wachsenden Zuwachsraten. Die Rezeptur für den Erfolg könnte man so beschreiben: Man nehme einen Juristen, einen Betriebswirt und eine Sprachlehrerin für Englisch und Spanisch, die allesamt keine Plastikkenntnisse, dafür aber unternehmerisches Gespür über den Tellerrand ihrer Ausbildung hinaus besaßen. Dazu gehört Rechtsanwalt Peter Eckhardt, einer der drei Teilhaber:
    "Es gibt so viele Juristen. Dadurch gestaltet sich die Tätigkeit als Rechtanwalt direkt nach dem Studium, zumindest wenn man alleine ist, als relativ schwierig."
    So wie der 38-jährige Jurist suchte auch der Betriebswirt Hendrik Hüniger eine neue Herausforderung.
    "Der BWLer hat zunächst einmal gemeint, eine selbstständige Tätigkeit wäre auf jeden Fall etwas für ihn. Und dann kam dieses Plastikkartengeschäft zur rechten Zeit."
    Denn Sprachlehrerin Magdalena Wisnios, die Dritte im Bunde, besaß Kontakte zu Druckereien in Deutschland und China. Und fertig war die Plastikkarten-Monster GmbH. Natürlich habe man die Chancen auf diesem Markt vorher geprüft. Doch dafür habe man keinen großen Aufwand betreiben müssen, merkt Hendrik Hüniger mit einem Lächeln an.
    "Man nimmt sein Portemonnaie aus der Tasche, schlägt das mal auf und kuckt, wie viel Karten man dort drin hat. Und dann rechnet man hoch, wie viel Menschen in Deutschland leben. Oder sogar in der Dachregion. Auch Österreich und Schweiz sind Markt für uns. Und dann merkt man ziemlich schnell, dass da eine Menge Millionen Karten so im Jahr benutzt werden. Und dementsprechend war die Entscheidung nicht schwer, es zumindest mal zu probieren."
    Ein Markt, auf dem sich das junge Unternehmen peu á peu Anteile erobert hat. Mit einem stets individuellen Design für die Kunden, denn das Format, sagt Peter Eckhardt, kann man nicht neu erfinden:
    "Was der Laie so als Scheckkartenformat empfindet, heißt offiziell DIN ISO 7810 und entspricht immer den gleichen Ausmaßen: 54 mal 86 Millimeter. Und das Ausmaß und die Dicke beträgt 0,76 Millimeter."
    Entscheidend in diesem Geschäft ist, was man daraus gestalterisch für den jeweiligen Zweck macht. Von der Fitness-Studiokarte bis zum Clubausweis für Kultureinrichtungen. Der Kundenstamm, so Peter Eckhardt, ist deutschlandweit bunt gemischt:
    "Um mal lokal anzufangen. Die Ruhr-Universität hier in Bochum, die auch einige 10.000 Studenten mit Studentenausweisen auf Hybridchip-Kartenbasis versorgen muss. Dann gibt es die Firma Zalando, großer Kleidungs- und Schuhversand. Die Deutschlandzentrale des Autoherstellers BMW. Ebenso Audi. Und, das ist uns eine ganz persönliche Herzensangelegenheit, verschiedene Fußballvereine. Allen voran der VfL Bochum, aber auch Erstligisten wie Hannover 96 oder Hertha BSC Berlin."
    Zum Spektrum gehören nach den Worten von Hendrik Hüniger sowohl limitierte exklusive Auflagen mit Zutrittsberechtigung für die noblen Golfclubs von St. Moritz und Davos in der Schweiz als auch zigtausendfache Jahreskarten für öffentliche Einrichtungen.
    "Wir haben für die Bäderbetriebe in Saarbrücken ein Abo-Kartensystem programmiert und ausgeliefert, wo jetzt alle Jahres- oder Halbjahreskartenbesitzer, Jugendliche, Erwachsene, differenziert eine Karte erwerben können. Über die Software wird der Zutritt gesteuert. Das heißt: Jemand kauft diese Karte für ein Jahr. Und genau nach einem Jahr wird auch die Ampel bei dem Verkaufspersonal im Schwimmbad anzeigen, jetzt darf er nicht mehr rein."
    Zum ersten Mal springt das junge Unternehmen in diesem Jahr über die Umsatzmarke von einer Million Euro. Inzwischen beschäftigen die Teilhaber drei feste Mitarbeiter:
    "Und darüber hinaus aber auch drei Freiberufler. Das ist ein Grafikdesigner, der für ganz viele Kunden designt. Eine Google-Optimiererin, die unser ganzes Online-Marketing organisiert. Und ein IT-Experte, mit dem wir zum Beispiel verschiedene Zutrittssysteme, Kundenbindungssysteme, irgendwelche individuelle Programmierung machen."
    Den Sprung in die Selbstständigkeit auf dem vielfältigen Plastikkartenmarkt haben die Jungunternehmer nicht bereut. Vor allem mit der Gründung der GmbH und der Verteilung der erforderlichen Einlage von 12.500 Euro auf drei Teilhaberschultern habe man das Risiko überschaubar gehalten. Ihnen sei es wichtig gewesen, keinen Bankkredit aufzunehmen, sagt Hendrik Hüniger und fügt an:
    "Und das vielleicht auch als Hinweis für andere Menschen, die sich darüber Gedanken machen: Man kann auch ohne extrem großes Risiko ein unternehmerisches Denken anstoßen, ja."