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Pleiten, Pech und Pannen

Mit der Verleihung des Goldenen Löwen an den südkoreanischen Film "Pieta" gingen am Samstag die 69. Filmfestspiele von Venedig zu Ende. Die Abschlusszeremonie des Festivals war von Pleiten, Pech und Pannen geprägt.

Von Josef Schnelle | 09.09.2012
    Der Goldene Löwe von Venedig wurde gestern Abend verliehen an den südkoreanischen Regisseur Kim Ki-Duk für sein eindrucksvolles Melodrama über die Nemesis eines brutalen Schuldeneintreibers, der in der Begegnung mit einer Frau, die behauptet seine Mutter zu sein, seine Erlösung findet. Auf dem Plakat zum Film sind Mutter und Sohn in der klassischen "Pietá"–Position abgebildet, die wir aus der Malerei und aus der Bildhauerkunst kennen. Kim Ki-Duk ist gläubiger Katholik und war längst einmal fällig als Gewinner des Hauptpreises eines großen Festivals. Gerührt und geläutert durch eine spektakuläre persönliche Lebenskrise, nach der ihm kaum ein Beobachter der internationalen Filmszene ein solches triumphales Comeback zugetraut hatte, bedankte sich der Regisseur mit einem Lied.

    Dass Kim Ki-Duk ein würdiger Sieger war, verhinderte jedoch nicht, dass die Abschlusszeremonie des Festivals von Pleiten, Pech und Pannen geprägt war. Jurypräsident Michael Mann konnte kaum verbergen, dass er gegen die Auszeichnung dieses Films bis zum letzten Augenblick gekämpft hatte. Für Ulrich Seidel, der den renommierten Spezialpreis der Jury entgegen nahm, gab es zunächst die falsche Preisstatue. Den Silbernen Löwen hatte wenige Minuten zuvor Philip Seymour Hoffman als Stellvertreter seines Regisseurs für den Film "The Master" entgegen genommen. Er musste noch einmal auf die Bühne und den prächtigen geflügelten Silbernen Löwen gegen die schlichte Löwenplakette für den Regiepreis austauschen. Die Moderatorin des Abends musste daher kurz die Feierlichkeit des Moments für ein peinliches Geständnis unterbrechen.

    "The Master", für den auch Phillip Seymour Hoffman selbst zusammen mit Joaquín Phoenix den Darstellerpreis entgegen nahm, war – das pfiffen die venezianischen Möven von den Dächern – der Favorit des Jurypräsidenten gewesen. Insgesamt war das erste Festival des nach 11-jähriger Abwesenheit als künstlerischer Leiter zurückgekehrten Filmhistorikers Alberto Barbera eine solide Ausgabe der seit 80 Jahren bestehenden Filmbiennale. Regelrechte Ausfälle, bei denen man sich fragte, wie sie überhaupt in den Wettbewerb gekommen waren, gab es kaum - sieht man einmal von Brian de Palmas misslungenem Horrorfilm "Passion" ab, der als letzter Beitrag des Wettbewerbs lief. Trotzdem jedoch kehrte die gewohnte akademisch heitere Stimmung von Venedigs Festival ein, das manchmal eher einem Fachseminar gleicht und auf fast jedes Spektakel verzichtet. Der Auftritt von Stars, die sich sonst so gerne durch die Lagune schippern lassen, hielt sich in Grenzen. Echten Glanz bekam der rote Teppich nur einmal als Robert Redford auftrat. In dem natürlich außer Konkurrenz gezeigten Film "The Company You Keep" setzte sich Redford als Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller mit einer Geschichte aus dem Umfeld der radikalen Untergrundarmee der "Weatherman" auseinander, die Amerika in den 70er-Jahren gewaltsam verändern wollten. Wie immer lieferte Redford gediegenes politisches Kino ab, das man aus Amerika sonst nicht zu sehen bekommt. Natürlich blieb ihm bei seiner Pressekonferenz die Frage nicht erspart, ob er immer noch zu Barack Obama halte.

    ""Obama hat verstanden, dass man für ein effektives politisches System beide Seiten braucht. Die demokratische Seite und die republikanische Seite. Die Republikaner repräsentieren, eine eher konservative Art zu denken. Die Demokraten eine fortschrittlichere Art. Beide Seiten braucht man. Wenn sie zusammenarbeiten - so ist das gesund für das ganze Land. Wenn nur eine Seite handelt und die andere nur dagegen arbeitet, dann verliert das ganze Land. Da sind wir nun. Und deswegen hoffe ich, Obama gewinnt."
    Der Goldene Löwe von Venedig geht an den Südkoreaner Kim Ki-duk
    Der Goldene Löwe von Venedig geht an den Südkoreaner Kim Ki-duk (picture alliance / dpa / Daniel Dal Zennaro)