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Poker um Glücksspielstaatsvertrag beendet

Die Ministerpräsidenten von 15 Bundesländern unterzeichneten einen neuen Glücksspielstaatsvertrag. Nur Schleswig-Holstein beharrt weiter auf seiner deutlich liberaleren Insellösung.

Von Andreas Baum | 15.12.2011
    Bis zum Schluss hat es erhebliche Zweifel gegeben, ob es wirklich zu einem neuen Glücksspielsstaatsvertrag kommen wird - zu unterschiedlich sind die Interessen der Länder. Am Ende aber war der Druck von außen wohl groß genug, um zumindest auf dem Papier eine Fast-Einigung herbeizuführen. Die Europäische Kommission erwartet von Deutschland Einigkeit und das Bundesverfassungsgericht hat den Ländern aufgetragen, endlich substanziell etwas gegen die Suchtgefahr beim Glücksspiel zu tun. Mit zweistündiger Verspätung meldet der Schleswig-Holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen den Durchbruch.

    "15 Länder haben heute einen Staatsvertrag zur Liberalisierung des Glücksspielmarktes unterschrieben. In Zukunft soll es 20 Lizenzen für Sportwettenanbieter und eine Steuer auf den Umsatz von fünf Prozent geben."

    15 Länder also haben unterzeichnet, da es aber 16 Bundesländer gibt, fehlt eines: Es ist Schleswig-Holstein, das als Einziges den Glücksspielstaatsvertrag nicht unterschrieben hat - gültig ist er trotzdem. Peter Harry Carstensen erklärt den Sonderweg.

    "Mit 01.01.2012 haben wir ein eigenes Gesetz in Schleswig-Holstein. Ich habe immer wieder gesagt, und wiederhole das auch, dass ich sobald wir eine belastbare schriftliche Aussage der EU-Kommission im Sinne der europarechtlichen Konformität des Vertrages haben, wir auf dieser Grundlage auch die Gespräche mit den regierungstragenden Fraktionen im Landtag aufnehmen werden."

    Der Sportwettenmarkt wird also für private Anbieter geöffnet. Schleswig-Holstein ist deshalb nicht dabei, weil es eine sehr viel weitergehende Liberalisierung der Sportwetten, aber auch des Pokerspiels im Internet für sich beschlossen hat. Für alle anderen gilt: Es gibt Lizenzen für Sportwettenanbieter und eine fünfprozentige Spieleinsatzsteuer - der Erlös soll auch dafür verwendet werden, an Spielsucht Erkrankten zu helfen. Mit Ausnahme von Schleswig-Holstein verbieten die Länder Poker- und Casinospiele im Internet. Da das Internet sich bekanntlich nicht an Landesgrenzen hält, ist allen Beteiligten der eher symbolische Gehalt dieser Regel bewusst - letztlich werden Internetspieleanbieter nur gezwungen, einen Firmensitz im Ausland zu suchen. Im Gegenzug zur Öffnung des Sportwettenmarktes bleibt dem Staat das Lottomonopol erhalten - und die dazu gehörigen Einkünfte. Kurt Beck, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, wehrt sich gegen Forderungen, den Glücksspielmarkt über das Erreichte hinaus zu öffnen - den Ländern, sagt er, sind die Hände gebunden.

    "Ich kann nur allen raten, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Thema Schutz vor Spielsucht zu lesen, das uns sehr enge Grenzen auferlegt. Wir wollen niemandem schaden wirtschaftlich. Aber wenn das Verfassungsgericht uns Vorgaben gemacht hat, dann müssen sie auch entsprechend sich in einem solchen Staatsvertrag im Gesetz wiederfinden."

    Die Insellösung für Schleswig-Holstein sorgt unterdessen für Kritik: Dort dürfen Internetwettanbieter nämlich bei ansässigen Vereinen auch als Sponsor auftreten - in den anderen Ländern nicht. SPD und Grüne haben angekündigt, im Fall eines Sieges bei der schleswig-holsteinischen Landtagswahl im Mai 2012, das Gesetz wieder zu kippen und sich den anderen Ländern anzuschließen.