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Polen bleibt loyaler Partner der USA

Eigentlich ist US-Außenminister John Kerry in dieser Woche auf einer Nahostreise. Trotzdem hat er einen Abstecher nach Polen gemacht. Das steht trotz der Abhöraffäre weiter fest an der Seite Amerikas. Warschau freut, dass es den USA weiter nützlich sein kann.

Von Sabine Adler | 06.11.2013
    Polen fühlte sich recht stiefmütterlich behandelt und freut sich umso mehr, endlich wieder wahrgenommen zu werden von den USA. Zugleich weiß man in Warschau, dass John Kerrys Besuch eine Geste an ganz Europa ist, denn die transatlantischen Beziehungen sind belastet. Für Polen noch am wenigsten, aus alter Verbundenheit und auch, weil kein polnischer Spitzenpolitiker belauscht wurde, soweit bisher bekannt. Dennoch überschatteten die NSA-Aktivitäten auch den Warschau-Besuch, womit der US-Außenminister sichtlich gerechnet hatte.

    "Das ist eine Sache, die Besorgnis erregt. Und das ist jetzt eine gemeinsame Angelegenheit. Wir müssen eine Balance finden zwischen Sicherheit für die Bürger und die Wahrung ihrer Privatsphäre. Präsident Obama hat die komplette Überprüfung aller Aktivitäten angeordnet und wir werden sehr eng mit unseren Freunden zusammenarbeiten, um klar zu machen, das der Weg verstanden und akzeptiert wird."

    Polen betrachtet die NSA-Affäre distanzierter, nicht nur, weil man nicht direkt betroffen ist, sondern weil Geheimdiensten mehr Verständnis entgegengebracht wird. So wie sich kaum jemand empörte über geheime CIA-Gefängnisse in Europa, die Anfang Dezember vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof verhandelt werden.

    Polen sei das einzige Land, das in dieser Sache ermittle, unterstrich Außenminister Radoslaw Sikorski gestern. Das Verfahren sei geheim, und so müsse alles, was eventuell mit den internationalen Einrichtungen zu bereden sei, geheim bleiben.

    In Polen verfolgt man die Affäre um das abgehörte Handy der Kanzlerin detailliert, aber unaufgeregt, weshalb die Amerikaner Polen wieder stärker als treuen Verbündeten wahrnehmen und würdigen.

    "Wir schätzen Polens große Unterstützung für die transatlantische Handels- und Investitions-Partnerschaft. Europas Wirtschaft geht durch eine schwere Zeit, die USA haben sie überwunden und werden gerade wieder stärker. Die transatlantische Partnerschaft ist losgelöst und gesondert von allen anderen Themen zu betrachten, die Leute vielleicht noch im Kopf haben. Hier geht es um Millionen Arbeitsplätze, Wirtschaft, Wettbewerb in der Weltgemeinschaft, die mitunter nach recht fragwürdigen und heiklen Regeln konkurriert.

    Wir haben die Chance, die Standards anzuheben und einen der stärksten Wirtschaftsräume auf diesem Planeten zu werden. Das darf nicht vermischt werden mit anderen durchaus legitimen Fragen wie zur NSA. Wir müssen nicht nur die Sorgen mindern, sondern unsere Geheindienstbeziehungen stärken, mehr Sicherheit bekommen und dabei die Privatsphäre der Bürger schützen."

    Freunde Amerikas waren und sind Warschaus Politiker aller Couleur seit der Wende. Im Irak-Krieg, in Afghanistan, jetzt beim Freihandelsabkommen, über das kommende Woche in Brüssel wieder weiter gesprochen werden soll. Die USA sind Vorbild, dort lebt die größte polnische Diaspora mit fast zehn Millionen Polen. Warschau freut, wenn es den USA nützlich sein kann, mit der Raketenabwehr gegen Geschosse etwa aus dem Iran. Sah das neue Tauwetter zwischen Teheran und Washington doch so aus, als würde das System vielleicht überflüssig werden. Kerry korrigierte den Eindruck.

    "Es ist verfrüht, bis jetzt hat sich nichts geändert. Wir haben keine Einigung, es hat sich nichts verändert, die Pläne behalten ihre Gültigkeit."

    Vergeblich warteten die Polen auf einen Hinweis zum Ende der Visa-Pflicht. Im Vorfeld kursierte ein Witz: Die Visa würden abgeschafft, die Polen müssten nur noch am Handy oder im Netz von ihren Reiseplänen reden, dann wüssten die US-Einreisebehörden schon Bescheid.