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Polens positiver Blick auf das Pontifikat

Dass der deutsche Papst Benedikt seinen Freund, den polnische Papst Johannes Paul, bis zum Tod begleitet hat, haben ihm viele Polen hoch angerechnet. Er wird auch wegen seines Besuchs in Auschwitz geachtet.

Von Sabine Adler | 12.02.2013
    Benedikts Rückzug hat Polen überrascht, wird aber als Beweis der großen Verantwortung gewertet, die der Papst der Kirche erweist. So mancher verglich Benedikts selbstgesetztes Amtsende mit der langen Leidenszeit von Johannes Paul II, der zum Schluss nicht mehr im Vollbesitz seiner Kräfte war und deswegen die Kirche gar nicht mehr führen konnte. Dass Benedikt XVI dem zuvorkomme, wurde allgemein mit großem Respekt zur Kenntnis genommen, kein Wort der Kritik. Adam Boniecki, einer der bekanntesten katholischen Intellektuellen Polens findet, dass man Benedikt dankbar sein müsse. Er habe gezeigt, wie sich das Problem von Amt, Alter und Schwäche in großem Glauben lösen lässt.

    "Benedikt XVI. war Zeuge des Pontifikats von Johannes Paul II. bis zum Ende. Ich vermute, dass er nicht wollte, dass sich die dramatischen letzten Monate wiederholen. Papst Johannes Paul II. war in einem Zustand, in dem er unfähig war, diese Funktion auszuüben. Diese Entscheidung ist sehr wichtig für die Kirche."

    Eine richtungsweisende Entscheidung für die Kirche, so der angesehene katholische Intellektuelle Boniecki. Für Bischof Goclowski aus Gdansk ist sie Ausdruck der Liebe zur Kirche.

    "Auch, wenn man den Papst kennt, seine hervorragende Intelligenz, Kultur, seine Liebe zur Kirche - seine Entscheidung überrascht uns wirklich sehr. Wir versuchen, sie zu verstehen. Ich denke, dass sie nur aus Liebe zur Kirche und den Menschen herrührt."

    Der Metropolit aus Krakau, Stanislaw Dziwisz, dankte dem Papst aus Deutschland für seine Freundschaft zu Papst Johannes Paul II. und ausdrücklich für dessen Seligsprechung, die Benedikt 2011 vornahm und die die Vorstufe zur Heiligsprechung ist. Polens Katholiken, das sind fast alle Bürger, verfolgen das Geschehen im Vatikan weit genauer als in Deutschland. Papst Benedikt XVI. wird in Polen sehr geachtet. Dazu trug auch der Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz im Mai 2006 bei, der Josef Ratzinger nach eigenem Bekunden sehr schwer fiel. Alfons Nossol, Ex-Erzbischof von Oppeln, war mit dem polnischen und ist mit dem deutschen Papst seit Jahrzehnten befreundet und erklärt, warum Benedikts Popularität in Polen an die von Johannes Paul II. nicht heranreichen könnte.

    "Also, das ist das Verhältnis und die Differenz zwischen einem puren Theoretiker und einem zutiefst praktischen Menschen. Ratzinger war nie ein großer Seelsorger gewesen, er war eine Koryphäe, weil profunder Wissenschaftler. Er gehört zu den größten Theologen, die wir bis dahin hatten. Er bemüht sich in klaren, einfachen Worten das zutiefst komplizierte theologische Wesen der Glaubenswahrheiten anzusprechen. Und das gelingt ihm. Sehen sie, ich habe gebangt nach dem Tode Johannes Paul II.: Was wird jetzt aus den offiziellen Mittwochstreffen, Audienzen des Papstes werden, wo so viele Menschen gekommen sind, so viel Tausende. Und ich habe gebangt, das nimmt ab. Aber wissen sie, es hat nicht abgenommen, es hat sogar noch zugenommen, der Zulauf. Früher kamen die Menschen auf den Petersplatz überwiegend deswegen: Sie wollten den Papst sehen. Und jetzt kommen sie: Sie wollen den Papst hören."

    Die Polen werden den deutschen Papst in guter Erinnerung behalten, den eigenen verehren sie schon jetzt wie einen Heiligen. Mit Sorge schauen sie, wer der nächste Papst sein wird. Kommt er nicht aus Europa, fürchtet die Kirche eine noch schnellere Säkularisierung der polnischen Gesellschaft.