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"Political Bodies"
Widerstand in Bewegung

Die Massenproteste im Senegal von 2011 haben die Choreografin Yolanda Gutiérrez so sehr beeindruckt, dass sie sich entschieden hat, den afrikanischen Hip-Hop nach Deutschland zu bringen. Denn es waren unter anderem Breakdancer und Rapper, die damals eine wichtige Rolle bei der Bürgerbewegung spielten.

Von Alexander Kohlmann | 04.02.2015
    Mit Hip-Hop die Welt verändern! Die Choreografin Yolanda Gutiérrez glaubt, dass das möglich ist. Denn auf einer Reise in den Senegal konnte sie mit eigenen Augen beobachten, wie die Bevölkerung einen Präsidenten stürzte. I
    "Dann habe ich festgestellt, dass tatsächlich knapp ein paar Monate vorher in 2012 eine Art Revolution gab und initiiert eben von Rappern, Intellektuellen, Journalisten, und das hat mich sehr fasziniert, weil tatsächlich habe ich dann für mich gesehen, dass es eine Möglichkeit gibt, durch Musik, durch Tanz und Kunst die Gesellschaft zu bewegen und politische Veränderungen."
    Einer derjenigen, die damals auf die Straße gingen, war der Breakdancer Mbegne Kasse. Mit Musik, erklärt der 29-Jährige, könne man nämlich auch diejenigen erreichen, die sich nicht für Politik interessieren.
    Vor allem junge Leute würden den Straßenmusikern ihr Vertrauen schenken, gerade weil die viel herumkämen und die Menschen mit Informationen versorgen könnten. Aber es geht auch um eine neue Art des Lebens.
    Politik der Bewegung
    Die Breakdancer wollen mit ihrem Tanz und ihrer Musik den Alltag der Menschen verändern - und sie so für politische Prozesse sensibilisieren. Und die Körpersprache ihrer "political bodies", so der Dramaturg Jens Dietrich, spielt dabei eine entscheidende Rolle.
    "Es gibt bestimmte Bewegungen, ein bestimmtes Vokabular des Widerstands, die werden auf die Bühne gebracht hier. Und es ist so, dass man einfach merkt, wie die Tänzer sich mit ihrem Körper ausgedrückt haben."
    Auf der Bühne: Ein paar Stühle, eine Hängematte und ein großes Spielfeld, das Flutlichter in immer neue Farbstimmungen tauchen. Und natürlich die Performer aus Afrika. Die Musik wechselt dabei zwischen schnellen Beats, reinem Sprechgesang und sogar Passagen mit klassischer Musik. Und auch wenn wir die Texte nicht verstehen, die Energie, die die fünf jungen Männer mit ihren Körpern auf der Bühne ausstrahlen ist gewaltig.
    Mobile Massen
    So wird schon in den Proben nachvollziehbar, dass ihre rhythmische Körperarbeit gut zur Mobilisierung der Massen taugt. Ein gänzlich anderes Protestpotenzial, als in unserer wortorientierten Demonstrationskultur.
    Und da lohnt es sich, findet Performerin Gutiérrez, einmal die Perspektive zu wechseln. Denn man könne einiges lernen aus der Begegnung mit der afrikanischen Protestkultur:
    "Das Zentrum ist nicht Europa, vielleicht ist das Zentrum Afrika und die Peripherie könnte Europa sein."