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Politikstil
Trump erinnert Italiener an Berlusconi

Keine politische Erfahrung, viel Geld auf dem Konto und provozierende Auftritte: Viele Italiener erkennen Parallelen zwischen dem US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und ihrem ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Dessen Politikstil hat mittlerweile sogar die Weihen der Politikwissenschaft erhalten.

Von Kirstin Hausen | 23.08.2016
    Donald Trump nach seiner Wahl zum Präsidentschafts-Kandidaten der Republikaner
    Donald Trumps Präsidentschaftskandidatur wurde lange Zeit nicht ernst genommen. (dpa/picture alliance)
    Als Silvio Berlusconi 1994 als Kandidat für das Amt des italienischen Ministerpräsidenten antrat, hatte er eine ihm sehr ergebene Fangemeinde, keinerlei politische Erfahrung und angeblich Geld wie Heu, in Wahrheit aber auch eine Menge Schulden. Viele Italiener erinnert das an den amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump.
    "Provozieren, um des Provozierens willen, das kann er auch gut. Und dann seine Versprechen, die sind so extrem, die wird er nicht einhalten können."
    Ein Schulterzucken, ein Schmunzeln. Dieser Mailänder Geschäftsmann traut den Amerikanern nicht zu, einem wie Trump auf den Leim zu gehen und ihm die Regierungsgeschäfte anzuvertrauen. Aber auch Silvio Berlusconi wurde lange Zeit nicht ernst genommen und als kurze, politische Ausnahme abgetan.
    "Berlusconismo"
    Sogar die italienischen Politikwissenschaftler haben das Phänomen Berlusconi und seinen Politik-Stil, den "Berlusconismo", in seiner ganzen Bedeutung nur widerstrebend zur Kenntnis genommen. Erst als Berlusconis politische Karriere zu Ende ging, erklärte der bekannte Turiner Politologe Gian Enrico Rusconi:
    "Der ‚Berlusconismus‘ ist ein bedeutendes Phänomen, das Spuren hinterlassen wird. Das ist eine Mutation der Zivilgesellschaft. "
    Silvio Berlusconi steigt am 9. Mai 2014 in ein Auto ein und zeigt eine grüßende Geste.
    Der frühere italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat einen eigenen Politik-Stil gepflegt: den "Berlusconismo". (afp / Giuseppe Cacace)
    Und die sei nicht mehr so einfach rückgängig zu machen. Silvio Berlusconi wird im September 80 Jahre alt, er spielt in der italienischen Politik inzwischen keine große Rolle mehr. Aber sein Bild hat sich den Italienern eingebrannt. Und wenn sie Donald Trump mit hochrotem Kopf schimpfen hören, dann fallen ihnen sofort die üblen Ausfälle ihres früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi ein. Martin Schulz schlug er für die Rolle eines KZ-Aufsehers in einem Spielfilm vor, politische Gegner nannte er Weicheier oder Kommunisten, was für ihn aufs Gleiche herauskam. (*) Anstand, Respekt und Format hätten weder Berlusconi noch Trump, kritisiert dieser Einzelhändler.
    "Es sind diese typischen Baulöwen, von Politik haben sie keine Ahnung, das sind keine Staatsmänner wie Churchill oder Eisenhower. Aber die Zeiten haben sich geändert und diese Leute machen sich die Medien zu eigen und zunutze. Mit Facebook kannst du die Wahlen gewinnen, so läuft das heute."
    Medien für Aufstieg bedeutsam
    Zu Berlusconis Zeiten gab es noch kein Facebook, aber die Medien, vor allem das Fernsehen, waren für seinen Aufstieg von entscheidender Bedeutung. Der Medienwissenschaftler Giorgio Grossi sah in Silvio Berlusconi bereits vor Jahren einen neuen Politiker-Typus und er sagte voraus, dass er auch in anderen Ländern auftauchen werde. Der Aufstieg des Donald Trump geht seiner Meinung nach genau in diese Richtung.
    "Meine These stützt sich auf die sogenannte dritte Phase der Demokratie, die ‚Zuschauer-Demokratie‘. In der ‚Zuschauer-Demokratie‘ ist das Verhältnis zwischen der politischen Führungsfigur und den Leuten am Bildschirm essenziell. Das ist kein Verhältnis von Angesicht zu Angesicht, sondern eine Verbindung, die über die Medien hergestellt wird. Alle Länder sind von dieser Entwicklung geprägt. Das bedeutet nicht zwangsläufig autoritär, aber populistisch."
    So sieht es auch Nando dalla Chiesa, der als Politiker des moderaten linken Spektrums Silvio Berlusconi mehr als 20 Jahre lang bekämpft hat. Gegen Donald Trump hegt er ebensolche Antipathien wie gegen Berlusconi.
    "Das betrifft den fehlenden Respekt für die Institutionen, seine skurrile und vulgäre Ausdrucksweise und die Überzeugung, dass man mit Geld alles kaufen kann, auch den Staat."

    (*) Anm. d. Red.: In dem Beitrag war an dieser Stelle davon die Rede, dass Silvio Berlusconi Martin Schulz einen KZ-Aufseher nannte. Dies ist nicht korrekt. Silvio Berlusconi hat Martin Schulz für die Rolle eines KZ-Aufsehers in einem Spielfilm vorgeschlagen.