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Politisch korrektes schwarzes Kino

Der Film "Der Butler" erzählt die Geschichte eines schwarzen Hausdieners im Weißen Haus, der über die Jahre sieben verschiedenen Präsidenten dient. Gedacht als Geschichtsstunde für die jungen Schwarzen in den USA gerät er zum biederen Erzählkino mit Ermüdungsfaktor.

09.10.2013
    "Sind Sie politisch, Mr. Gaines? - Nein, Sir."

    Und mit dieser Haltung des Unpolitischen ist der schwarze Butler für seinen Arbeitsplatz wohl prädestiniert.

    "Wir halten auch nicht viel von Politik im Weißen Haus."

    Aber Cecil Gaines kann damit vor allem seiner herausragenden Eigenschaft frönen: unsichtbar zu sein. Unsichtbar und gleichzeitig dienstfertig und damit den Präsidenten im Oval Office - von Eisenhower bis Ronald Reagan, von 1952 bis 1986 - der perfekteste unter den perfekten Dienern. Sein afroamerikanischer Chef, der ihn in den 50ern einstellt, lakonisch wie nüchtern wie wertfrei:

    "Oh ja, Sie machen einen guten 'Haus-Nigger'!"

    Lee Daniels Film "Der Butler" erzählt die Geschichte der Afroamerikaner und die ihrer Befreiung im Wechselspiel zwischen diesem "Unsichtbar-Sein" und dem "Sichtbarwerden-Wollen". Unsichtbar wie gesagt Cecil - Forrest Whitaker. Dies zu sein ist seine Absicht. Im Gegensatz dazu sein Sohn Louis, aktiver Bürgerrechtskämpfer und deswegen, wegen dieses Sich-Zeigen-Wollens, in jahrzehntelangem Konflikt mit dem Vater:
    "Wir lassen uns nicht mehr verprügeln."

    Louis, eindrucksvoll gespielt von David Oyelowo, will mit dem Onkel-Tom-Gehabe seines Vaters nichts mehr zu tun haben. Zeitweise ist er Mitarbeiter von Martin Luther King, dann bei den "Black Panther":

    "Wir machen Politik von unten. Wir kümmern uns um die Community. Allerdings haben wir tatsächlich eine Partei gegründet."
    "Was für eine Partei?"
    "Die Black Panther Partei."

    So ist "Der Butler" also historischer Bilderbogen und - wie es sich für den massenkompatiblen Hollywoodfilm gehört - zudem rührende Familiengeschichte, in der die Mutter dem Sohn kräftig die Leviten zu lesen hat:

    "Alles, was du bist, und alles, was du hast, verdankst du diesem Butler."

    Angereichert ist "Der Butler" schließlich noch mit sieben, ja, quasi Heiligenlegenden, denn die Herren Präsidenten sind allesamt sehr, sehr gute Menschen. Staatstragender als "Der Butler" geht´s nimmer! Wem sollten hier nicht die Tränen kommen, wenn Jimmy Marsden als John F. Kennedy seinem Butler Anteilnahme vermittelt:

    "Ich weiß, Ihr Sohn ist ein Aktivist. Er ist im Gefängnis in Birmingham mit Martin Luther King."

    Hier Anfang der 1960er-Jahre, als mit der immer breiter werdenden Bürgerrechtsbewegung ebenso der rassistische Gegendruck wächst.

    "Wissen Sie, mir ist nie richtig klar gewesen, was Sie alle durchmachen mussten."

    "Der Butler" ist gedacht als Geschichtsstunde für die jungen Schwarzen in den USA. Das haben Regisseur Lee Daniels und Oprah Winfrey, Talkshow-Königin, afroamerikanische Identifikationsfigur und im Film Darstellerin von Gloria, Ehefrau von Butler Cecil, betont.

    Doch gute, pädagogisch aufrechte Intentionen machen noch keinen guten Film. So wird dieses Abklappern zentraler Themen der neueren Geschichte der Schwarzen in den USA zum biederen Erzählkino. Mit ein paar zugegeben eindrucksvollen Sequenzen über die Apartheid in den USA und den Mut der Bürgerrechtskämpfer. Und das, was Martin Luther King im Film über den Typus die schwarzen Bediensteten sagt, das mag historisch stimmen:

    "Wir nehmen Butler oder Dienstmädchen als unterwürfig wahr. Aber sie sind in vielfacher Hinsicht subversiv. Oft, ohne es zu merken."

    Dem Film aber geht jede Art solcher Subversion ab. Wenn wir den Film "Der Butler" sehen, können wir lernen: Das ist das politisch korrekte schwarze Mainstreamkino der Obama-Ära. Doch der Haken an solcher Propaganda im Dienst der guten Sache ist der Ermüdungsfaktor.

    Und das kann dann zur Folge haben, dass am Ende zurückbleibt in der Erinnerung ein absurdes Bild von Lyndon B. Johnson. Da sitzt der Nachfolger des ermordeten Kennedy auf der Klobrille, verdaut recht schlecht und gibt bei offener Tür präsidiale Anweisungen von sich. Als ob Regisseur Lee Daniels diese Anekdote dann auch noch in seinen viel zu vollgepfropften Film packen musste.