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Politischer Aschermittwoch der AfD
Entsetzen über Poggenburgs Rede

Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg hat in seiner Rede zum Politischen Aschermittwoch Türken als "Kameltreiber" und Kümmelhändler" beschimpft. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und andere Politiker reagierten entsetzt. Die Staatsanwaltschaft Dresden prüft die Aufnahme von Ermittlungen.

Von Christoph Richter | 15.02.2018
    Der ehemalige AfD-Landesvorsitzende in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg
    Der ehemalige AfD-Landesvorsitzende in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg (pa/dpa/arifoto)
    Inakzeptabel und volksverhetzend, so der Tenor der Reaktionen zu den Aussagen von Sachsen-Anhalts AfD-Landeschef André Poggenburg zum Politischen Aschermittwoch in der Sächsischen Schweiz. Dort hatte der AfD-Politiker gestern Türken als "Kameltreiber", "Kümmelhändler" und "vaterlandsloses Gesindel" beschimpft.
    "Diese Kümmelhändler, diese Kameltreiber sollen sich dorthin scheren, wo sie hingehören. Weit, weit, weit hinter den Bospurus."
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier – der derzeit in Sachsen-Anhalt unterwegs ist – zeigte sich wegen der menschenverachtenden Worte von AfD-Politiker Poggenburg entsetzt:
    "Was ich sehe, sind Politiker, die Maßlosigkeit in der Sprache, Rücksichtslosigkeit und Hass in ihrer Haltung zu einer eigenen Strategie machen. Ich hoffe nur, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, sich nicht vor diesen Karren spannen lassen."
    Er hoffe zudem, so Steinmeier weiter, dass sich Politiker in Parlamenten und Regierungen ihres Vorbildcharakters bewusst seien und sich entsprechend verhalten.
    Stahlknecht (CDU): AfD mutiert zur "NPD light"
    Auch für Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff sind die Formulierungen Poggenburgs völlig indiskutabel. Die AfD demaskiere sich selbst, sie schüre vorsätzlich Hass in Deutschland. Damit disqualifiziere sich die Partei für den demokratischen Diskurs, so Ministerpräsident Haseloff weiter. Bereits heute Morgen fragte Sachsen-Anhalts CDU-Innenminister Holger Stahlknecht, ob Poggenburg noch die Mehrheit in der AfD repräsentiere. Bereits jetzt mutiere die Partei durch innerparteilich unwidersprochene Äußerungen ihres Landesvorsitzenden zur "NPD light", so Stahlknecht weiter.
    Auch innerhalb der AfD-Führung gibt es vorsichtige Kritik an den Äußerungen Poggenburgs. An der Basis in Sachsen-Anhalt will sich keiner öffentlich äußern, doch es fallen Worte wie die Äußerungen seien "zum Kotzen" und Poggenburg schade der Partei.
    Sachsen-Anhalts AfD-Landeschef André Poggenburg dagegen hat die Kritik an seiner Aschermittwoch-Rede über in Deutschland lebende Türken am Mittag in einer schriftlichen Stellungnahme zurückgewiesen. Er habe hart und grob formuliert. Eine direkte Beleidigung oder Herabsetzung anderer Nationalitäten liege ihm jedoch völlig fern:
    "Ich glaube in der Türkei gibt es überhaupt keine Kamele. Und daran sehen sie, dass es Politsatire war. Und die ist erlaubt, gerade an Aschermittwoch ist die erlaubt."
    Er wolle die "völlig unangebrachte Kritik der Türkischen Gemeinde, als Verband, am geplanten Heimatministerium zurückweisen", so Rechtspopulist Poggenburg weiter:
    "Entschuldigen kann ich mich für gestern nicht. Ich würde eher darum bitten, dass mit einer ganzen Ecke mehr Humor aufzunehmen. Auch an die türkische Gemeinde."
    Türkische Gemeinde kündigt Anzeige an
    Äußerungen, die allenthalben auf großes Unverständnis stoßen, auch bei Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckhardt:
    "Hass und Hetze hat nichts mit Zuspitzung zu tun. Auch nicht mit Aschermittwoch. Und es geht, das einfach nicht nur rumgegeifert wird und die politische Auseinandersetzung faktisch unter den Tisch fällt. Das ist das, was die AfD macht."
    Die Verunglimpfungen der Türkischen Gemeinde beschäftigt jetzt die Staatsanwaltschaft Dresden. Man habe einen Prüfvorgang eingeleitet, heißt es. Sollte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren aufnehmen, müsste zunächst die Aufhebung der Immunität beantragt werden. Die Türkische Gemeinde hat eine Anzeige wegen des Verdachts auf Volksverhetzung und Beleidigung angekündigt, ebenso der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg will rechtliche Schritte prüfen.