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Polnische Regierung
Waszczykowski warnt vor "Welt aus Radfahrern und Vegetariern"

Die neue polnische Regierung steht aufgrund von Reformen europaweit in der Kritik und hat nun mehr Solidarität von Deutschland gefordert. Der polnische Außenminister Witold Waszczykowski warnte in einem Interview mit der "Bild" vor einer "Welt aus Radfahrern und Vegetariern". Was der Politiker damit erreichen wollte, ist unklar.

Von Martha Wilczynski | 05.01.2016
    Polens neuer Außenminister Witold Waszczykowski
    Polens Außenminister Witold Waszczykowski (dpa / picture-alliance / Pawel Supernak)
    Das Interview des polnischen Außenministers Witold Waszczykowski für die Montagsausgabe der "Bild"-Zeitung hat auch in Polen für Aufsehen gesorgt. Warum auch nicht? Schließlich war es die erste Reaktion des Ministers auf die massive Kritik vonseiten der EU. Aber nein, da war noch mehr, noch etwas anderes, dass das Interesse der Polen weckte.
    "Wenn jemand der deutschen 'Bild'-Zeitung ein Interview gibt, dann sollte er sich mit Menschen umgeben, die ein Gespür für die Sensibilität eines durchschnittlichen deutschen Lesers haben, und die Worte abwägen, insbesondere angesichts der Schärfe der deutsch-polnischen Beziehungen", sagte Piotr Semka, konservativer Publizist, am Montag in einer Diskussionssendung des polnischen Radios.
    "Welt aus Radfahrern und Vegetariern"
    Konkret geht es aber nicht etwa um die Zurückweisung der Kritik aus Brüssel. Auch nicht um die Maßregelung des für Medienpolitik zuständigen EU-Kommissars Günther Oettinger durch den polnischen Außenminister. Ganz konkret geht es um eine Aussage, mit der Außenminister Waszczykowski das "linke Politikkonzept" der Vorgängerregierung kritisierte. Und zwar mit folgenden Worten:
    "Als müsse sich die Welt nach marxistischem Vorbild automatisch in nur eine Richtung bewegen - zu einem neuen Mix von Kulturen und Rassen, eine Welt aus Radfahrern und Vegetariern, die nur noch auf erneuerbare Energien setzen und gegen jede Form der Religion kämpfen. Das hat mit traditionellen, polnischen Werten nichts mehr zu tun."
    Nach Piotr Semka eindeutig ein Seitenhieb in Richtung Deutschland.
    "Waszczykowski hat den Begriff Fahrradfahrer genutzt, um damit die Welt einer bestimmten politischen Haltung darzustellen, die in Deutschland der Meinung ist, dass die Welt genauso aussehen soll: dass die ganze Welt Windenergie, Fahrräder nutzen und Veggiburger essen soll."
    Und die Polen würden diesen Lebensstil blind kopieren - so der Vorwurf. Denn auch hier gibt es sie: die sogenannten Vegetarier und die Fahrradfahrer - und die haben eben nicht nur in der deutschen, sondern auch in der polnischen politischen Kultur einen besonderen Ruf, erklärte der polnische Außenminister am Montag in einem Fernsehinterview:
    "Es geht darum, dass bestimmte politische Gruppierungen in Polen jahrelang die Polen zu beeinflussen versuchten, um sie zu einem anderen Lebensstil zu überreden."
    Reaktionen in den sozialen Netzwerken
    Was der polnische Außenminister mit seiner Aussage gegenüber der "Bild"-Zeitung konkret erreichen wollte, bleibt aber weiterhin unklar. Klar ist, was er damit erreicht hat: zahlreiche Reaktionen in den sozialen Netzwerken. Unter anderem, Fotos von nationalkonservativen Politikern, wie Jaroslaw Kaczynski oder Präsident Andrzej Duda, auf Fahrrädern. Überschrift: marxistische Vorbilder. Oder unter der Überschrift: traditionelle polnische Werte - Bilder von polnischen Würsten, dicken Autos und Kohleöfen. Besonders beliebt ist aber das Bild eines Fahrrads aus Gemüse. Linke Propaganda pur! Oder doch nur reine Hipsterie?