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Pop-Science mit Cartoons
Chancen und Fallstricke von Zukunftstechnologien

Das eigene Hirn mit einem Computer verschalten, damit das leistungsfähiger wird. Oder mit einem Lift ins All düsen - das klingt ziemlich abgefahren, liegt aber alles im Bereich des Möglichen, meinen Kelly und Zach Weinersmith, die ein Sachbuch über Zukunftstechnologien geschrieben haben - und dabei jede Menge Humor eingebaut haben.

Von Andrea Heinze | 23.10.2017
    "Bald!" von Kelly und Zach Weinersmith
    Im Buch "Bald!" stellen eine Forscherin und ein Wissenschafts-Cartoonist 10 Zukunftstechnologien vor, die unser Leben grundlegend verändern werden. (Carl Hanser Verlag)
    Rohstoffe von nahegelegenen Asteroiden abbauen oder ein Weltraumlift - das klingt irgendwie, als hätte sich das Jules Verne ausgedacht. Aber die Biologin Kelly Weinersmith und ihr Mann, der Cartoonist Zach Weinersmith, haben festgestellt: So verrückt das auch klingen mag - es gibt Wissenschaftler, die genau daran forschen.
    "Die revolutionärste Technologie, die uns bevorsteht, werden Schnittstellen zwischen unserem Gehirn und Computern sein - das wird die menschliche Existenz verändern", sagt Zach Weinersmith. "Wenn man das Gehirn verändert, um intelligenter zu werden, das Gedächtnis zu verbessern - oder auch logischer zu denken, dann verändert man damit den ganzen Menschen. Das ist wirklich revolutionär."
    Tatsächlich gibt es schon Schnittstellen zwischen Hirn und Computer. Zum Beispiel wird gerade getestet, wie Armprothesen mit Gedanken gesteuert werden können. Die Weinersmith erzählen aber eben auch von Neuroprothesen für nicht behinderte Menschen, die gerade entwickelt werden. Damit könnten wir alle noch schlauer werden oder uns nicht mehr so von unseren Emotionen treiben lassen. Klingt gut. Allerdings gibt es ein paar gesundheitliche und ethische Risiken - die gleich mit beschrieben werden. Der Gruppendruck zur Hirn-OP etwa, der entstehen könnte. 10 solcher Zukunftstechnologien stellen sie in ihrem Buch vor. Aber immer wenn es so richtig komplex wird, kommt ein Cartoon, in dem zum Beispiel ein Mann einem "Wir müssen reden" antwortet: Sorry, geht nicht, meine App rät mir gerade zu emotionaler Stimulation.
    Blick ins Buch "Bald!" von Kelly und Zach Weinersmith
    Blick ins Buch: "Bald!" von Kelly und Zach Weinersmith (Carl Hanser Verlag)
    "Im Buch müssen natürlich nicht zwangsläufig Cartoons auftauchen", sagt Kelly Weinersmith. "Aber in vielen Fällen reden wir über ziemlich schwierige Zusammenhänge - und wir dachten, ein bisschen Humor im Text und in den Cartoons könnte dafür sorgen, dass die Leute runterkommen - und das wir denen damit ein bisschen auf die Schulter klopfen, wenn es kompliziert wird. Wir hoffen, dass die Leute das lustig finden und bereit sind, diese Technologien bis ins Detail zu verstehen."
    Kelly und Zach Weinersmith fühlen sich dem Pop-Science verpflichtet, das heißt, sie wollen wissenschaftliche Themen so aufbereiten, dass es Spaß macht, etwas darüber zu erfahren. Das Buch ist deshalb eher flapsig geschrieben. Und die Cartoons von Zach, der als Science-Cartoonist in den USA arbeitet, erreichen dort schon rund zwei Millionen Leser.
    "Ein großes Risiko und ein großer Spaß"
    "Wenn es darum geht, welche Technologie ich am meisten mag, dann sind das vermutlich die Raumfahrtsachen - dass man immer preiswerter ins All reisen kann - mit einem Lift zum Beispiel - oder mit ballistischer Technik. Wir mögen diese Technologien einfach, weil wir gern ins All wollen", sagt Zach.
    Mit diesem Wunsch sind die Weinersmith vermutlich nicht allein.
    "Zum Beispiel der preiswerte Zugang zum All - eine der Konsequenzen ist, dass man dann einfach mehr Menschen im Weltraum hat", sagt Kelly. "Und wenn einer von denen dann einen Asteroiden auf die Erde wirft, dann können die ziemlich viel Leben auf der Erde zerstören - und zwar in ziemlich kurzer Zeit. Die Technologien sind ein großes Versprechen - aber auch eine Aufgabe. Und man sollte immer bedenken, wer diese Technologien kontrolliert und was das bedeutet."
    Natürlich müsste erst mal eine Technologie entwickelt werden, mit der man Asteroiden auf die Erde werfen kann - aber auch daran wird bereits gearbeitet. Tatsächlich machen Kelly und Zach Weinersmith mit ihrem Buch "Bald!" klar, wie komplex diese ganze Zukunftsforschung ist. Und ihr Humor macht Spaß, denn er entschärft dabei manche der Ängste, die damit verbunden sind - andere wiederum werden auf die Spitze getrieben. Man bekommt den Eindruck, in diesem Feld gilt das Motto "no risk - no fun".
    "Ich glaube, viele dieser Technologien sind immer noch mit Risiken verbunden - und mit großem Spaß", sagt Kelly Weinersmith. "Zukunftstechnologien können ein großes Risiko und ein großer Spaß sein. Ein kleines Risiko und großer Spaß - und jede andere Kombination davon."
    Kelly und Zach Weinersmith: "Bald!"
    Hanser Verlag, 480 Seiten, EUR 22,00.