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Pop-up-Restaurant
Gekocht wird nur einen Sommer lang

An den langen Tisch passen 24 Gäste, mittags gibt's ein Gericht, abends zwei, und nach zehn Wochen ist alles vorbei: Einen Sommer lang kocht Architekt Hannes Schmidt in seinem Pop-up-Restaurant "Lücke" in Weimar, dann wird das aus Bauresten gezimmerte Lokal wieder abgebaut - und recycelt.

Von Henry Bernhard | 14.08.2014
    Nudeln mit karamellisierten Tomaten, Knoblauch und Basilikum auf einem Teller, fotografiert am 11.08.2013 in Berlin.
    Mittags gibt's in der "Lücke" ein vegetarisches Gericht, abends kommt auch Fleisch auf den Tisch. (picture alliance / dpa / Jens Kalaene )
    Alle nehmen sie Käsespätzle. Was bleibt ihnen auch anderes übrig? Denn heute Mittag gibt es nur Käsespätzle. Doch der Mangel hat Methode im Restaurant "Lücke".
    "Wir haben prinzipiell nur ein Mittagsgericht. Da gibt's auch keine Auswahl. Man nimmt's oder man nimmt's nicht. Mittags ist immer vegetarisch, die Abendkarte ist ein bisschen größer, das heißt eins mit Fleisch, eins ohne Fleisch."
    Hannes Schmidt ist der Chefkoch in der "Lücke".
    "Wenn wir jetzt zum Beispiel im Kühlschrank haben Lamm und danach gibt's Roastbeef, dann gibt's das niemals gleichzeitig, auch wenn's schon vorbereitet ist. Sondern wenn das letzte Stück Lamm verkauft ist, dann gibt es Roastbeef – und so schmeißen wir die Sachen nie weg."
    Hannes Schmidt ist nicht nur Koch, sondern auch Betreiber, Erfinder und Gestalter des Restaurants "Lücke". Der Architekt wollte für seine Abschlussarbeit eine schmale Baulücke zwischen zwei Gebäuden der Weimarer Bauhaus-Uni besetzen, mit einem funktionsfähigen Gebäude, das fast nur aus gebrauchten Materialien besteht. Schmidt hat die wochenlangen Behördengänge erledigt, und sein Freund Philip Bader hat sich um den Bau gekümmert:
    "Diese Böden hier sind eigentlich LKW-Böden, sind eigentlich Reste, die schon längst verfeuert werden sollten. Daher stammen auch unsere Wandverkleidungen, das sind LKW-Planen. Das ganze Holz ist von diesem Dachstuhl in Ehringsdorf. Dieser Tisch zum Beispiel oder die Lampe, das ist ein alter Bauzaun, den wir eigentlich am Straßenrand gefunden hatten, und wir haben hier doch noch ganz schön was zaubern können. "
    In die "Lücke" kommen sie alle
    Das Restaurant "Lücke" ist 25 Meter lang und knapp sechs Meter breit, ein Drittel nimmt die offene Küche ein, im Gastraum steht ein langer Tisch – für 24 Gäste. Draußen können noch einmal so viele sitzen, an Tischen, die aus alten Paletten konstruiert sind. Alte, Junge, Gutverdiener, Studenten – in die "Lücke" kommen sie alle.
    "Es ist pur, es ist schnörkellos. Und sehr gutes Essen, nette Leute."
    "Unkompliziert. Mit einfachsten Mitteln, scheint mir. Vielleicht ist es gar nicht so einfach gewesen, aber es sieht toll aus!"
    "Sollte stehen bleiben! Und vor allem der Umgang mit dem alten Material, dass man das so gut einsetzt . Das ist einfach faszinierend schön! Die Stadt braucht solche Orte."
    Zehn Wochen nur wird es die "Lücke" geben, bald schließt sie für immer. Dann wird das Holzhaus abgebaut und möglichst alle Teile verkauft, verschenkt, versteigert und anderswo weiter verwendet. Schmidts Professor Bernd Rudolf ist stolz auf seinen Studenten, der nicht nur ökologisch, sondern auch mit einem wahren Netzwerk von Freunden gebaut und damit ein Gesamtkunstwerk geschaffen habe – von der Idee über den gemeinsamen Bau bis hin zum Essen.
    "Das finde ich sehr bemerkenswert an seiner Strategie und seiner Vorgehensweise. Und das macht ihn auch ein bisschen besonders unter den Studenten – also, ein Stifter zu sein für so ein Umfeld und für solche Kontexte und solche Gemeinschaft, solchen Gemeinschaftssinn."