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Portugal verkauft die Banco Espírito Santo
Umstrittener Schritt aus der Schuldenkrise

Die sozialistische Minderheitsregierung in Portugal sucht seit anderthalb Jahren Wege aus der Schuldenkrise. Als Schritt zur Stabilisierung der öffentlichen Finanzen gilt der Verkauf der Privatbank Banco Espírito Santo, die erst zwangsverstaatlicht und nun an einen amerikanischen Hedgefond verkauft wurde - für Null Euro.

Von Tilo Wagner | 06.04.2017
    Eine Zweigstelle der Novo Banco in Lissabon am 31. März 2017, mit Werbeslogans im Fenster. Im Vordergrund eine Frau.
    Eine Zweigstelle der Novo Banco: Portugals kleinere, radikalere Linksparteien lehnen den Verkauf der Bank ab. (AFP/Patricia de Melo Moreira)
    Premierminister António Costa ist sich ganz sicher: Der Verkauf der ehemaligen Privatbank Banco Espírito Santo an einen amerikanischen Hedgefonds trägt entscheidend zur Stabilisierung des portugiesischen Finanzsystems bei. Eineinhalb Jahre ist die sozialistische Minderheitsregierung jetzt im Amt. Sie hat eine Reihe von Problemen im Bankensektor gelöst und im vergangenen Jahr sogar das niedrigste Haushaltsdefizit seit Beginn der portugiesischen Demokratie vorweisen können.
    Insbesondere der portugiesische Finanzminister Mário Centeno hat sich damit in Europa einen Namen und Freunde gemacht. Mittlerweile gilt Centeno sogar als Kandidat für die Nachfolge von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, der nach seinen polemischen Äußerungen über Südeuropäer auch in Lissabon scharf kritisiert wird.
    Das Geld der portugiesischen Steuerzahler ist verloren
    Das Dossier der maroden Banco Espírito Santo belastet seit fast drei Jahren den Bankensektor in Portugal. Im Sommer 2014 stand das Geldhaus nach einer Reihe von Finanzskandalen kurz vor dem Bankrott. Der Staat sprang mit Milliardenhilfen ein, die Bank wurde unter dem neuen Namen Novo Banco von einem Abwicklungsfonds verwaltet. Mit dem Verkauf an den Hedgefonds Lone Star wird der portugiesische Staat keinen Cent der 4,4 Milliarden Euro zurückbekommen, die er vor fast drei Jahren für die Bankenrettung ausgegeben hatte. Regierungschef Costa bemüht sich trotzdem, die Vorteile des Geschäfts hervorzuheben:
    "Es wird keine direkten oder indirekten Folgen mehr für die öffentlichen Finanzen geben. Und es gibt auch keine Kosten für den Steuerzahler. Die notwendige Kapitalerhöhung wird vom privaten Käufer getragen, und für jedwede zukünftigen Verpflichtungen müssen nicht die Steuerzahler aufkommen, sondern der Abwicklungsfonds, in den die übrigen Banken einzahlen."
    Doch nicht alle Portugiesen nehmen das Versprechen des Premierministers für bare Münze. Ein junger Mann in Lissabon glaubt nicht, dass der Staat nun von allen Risiken befreit sei. Und eine Studentin gibt zu denken, dass sich die Portugiesen mittlerweile leider daran gewöhnt haben, für schlechte Bankendeals tief in die Tasche greifen zu müssen.
    Das Misstrauen ist nachvollziehbar. Zwischen 2007 und 2016 hat der portugiesische Staat rund 13 Milliarden Euro an Finanzhilfen für angeschlagene Geldhäuser ausgegeben. Und diese Summe könnte auch nach dem Verkauf der Novo Banco weiter ansteigen, sagt der Wirtschaftsprofessor João César das Neves von der Katholischen Universität in Lissabon:
    "Der Hedgefonds hat die Novo Banco nur übernommen, weil es eine Garantie gibt, dass der Abwicklungsfonds der portugiesischen Banken im Extremfall einspringt. De facto können die Banken das aber gar nicht alleine stemmen, sonst würden sie selbst Bankrott gehen - und so wird wieder nur der Staat als Geldgeber übrig bleiben. Das Restrisiko der Bank wird praktisch verstaatlicht."
    Verkauf der Novo Banco ist auch politisch umstritten
    Das ist auch der Grund, warum die kleineren, radikaleren Linksparteien den Verkauf der Novo Banco ablehnen. Der Linksblock und die Kommunisten, auf die sich die sozialistische Minderheitsregierung im Parlament stützt, wollen die Bank komplett verstaatlichen. Eine Idee ist, die Novo Banco mit der staatlichen Caixa Geral de Depósitos verschmelzen zu lassen und so eine öffentliche Superbank zu schaffen. Sie würde den Kapitalfluss in Portugal unabhängig von internationalen Investoren garantieren.
    Allerdings hätte der Staat die öffentlichen Banken nicht wirklich effizient geführt, kritisiert Wirtschaftsprofessor Neves. Eine noch größere staatlich kontrollierte Bank hält er deshalb für einen schwerwiegenden Fehler:
    "Wenn diese Super-Sparkasse ein Marktgewicht von fast 50 Prozent besäße, hätte das fatale Folgen für den Ruf Portugals auf den internationalen Finanzmärkten. Klar, eine solche Bank würde niemals Pleite gehen, weil der Staat sie immer stützt, aber das würde uns in der Eurozone zu einem Außenseiter machen, weil es eher an die Rahmenbedingungen in Angola als an Europa erinnert. Und deshalb glaube ich, dass die Europäische Zentralbank die Pläne für eine derartige öffentliche Super-Bank strikt abgelehnt hat."