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Portugals Regierung in der Zwickmühle

Angola ist Portugals wichtigster Handelspartner jenseits der EU. Lissabon hat deshalb kein Interesse, die Beziehungen zur ehemaligen Kolonie zu gefährden. Dass die Staatsanwaltschaft in Lissabon jetzt die Geldgeschäfte von drei angolanischen Politikern in Portugal untersucht, bringt die Regierung Coelho in Bedrängnis.

Von Tilo Wagner | 27.11.2012
    Die portugiesische Regierung hat in ihrer 18-monatigen Amtszeit ein klares Zeichen in der Außenpolitik gesetzt. Portugal sucht eine strategische Partnerschaft mit Angola: Kein anderer außereuropäischer Staat hat so viel Besuch von portugiesischen Ministern empfangen dürfen; und Premierminister Pedro Passos Coelho, der seine Kindheit in der ehemaligen portugiesischen Kolonie verbrachte, hat für 2013 bereits seinen zweiten Staatsbesuch in dem afrikanischen Land angekündigt. Die Strategie zahlt sich zumindest für die portugiesische Exportwirtschaft aus. Angola ist schon jetzt Portugals wichtigster Handelspartner außerhalb der EU.

    Die enge Anbindung hat jedoch auch ihre Schattenseiten. Lissabon schweigt, wenn das angolanische Regime in Luanda mal wieder mit Härte gegen Zivilproteste vorgeht. Und die Regierung um Passos Coelho hat auch jetzt eine Stellungnahme verweigert, als bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft in Lissabon die Geldgeschäfte von drei führenden angolanischen Politikern in Portugal untersucht. Der Verdacht: Finanzbetrug und Geldwäsche in großem Ausmaß.

    Die Regierung befände sich in einer Zwickmühle, sagt der portugiesisch-angolanische Publizist Orlando Castro:

    "Einerseits ist das Verfahren ein positives Signal: Es zeigt, dass die portugiesische Justiz sich ihre Unabhängigkeit zu bewahren scheint. Doch gleichzeitig werden die Wirtschaftsbeziehungen darunter leiden. Denn das angolanische Regime hält nichts von Gewaltenteilung. Es hat einen enormen finanziellen und wirtschaftlichen Einfluss in Portugal und wird diesen einsetzten, um die Unabhängigkeit der portugiesischen Gerichte zu untergraben."

    Nur wenige Tage nachdem portugiesische Medien von den Nachforschungen der Lissabonner Staatsanwaltschaft berichteten, kam die Antwort aus Luanda. In einem Leitartikel schrieb die regierungsnahe Zeitung "Jornal de Angola", dass die Kooperation zwischen den beiden Ländern von einer (Zitat) "Mafia von Freimaurern” bedroht und der Hass gegen das angolanische Volk geschürt werde.

    Die portugiesische Justiz interessiert sich vor allem für Investitionen, die der angolanische Vize-Präsident Manuel Vicente und zwei weitere hohe Regierungsbeamte über Briefkastenfirmen getätigt haben sollen. Dazu gehört auch der Kauf von 24 Prozent der Anteile einer großen portugiesischen Privatbank in Angola. Kostenpunkt: über 250 Millionen Euro. Bürgerrechtler Marques in einem Interview mit der Deutschen Welle:

    "Diese Generäle machen seit Jahren illegale Geschäfte und werden dabei durch die Regierung gedeckt. Das weiß in Angola jeder: Die Öffentlichkeit, die Regierungspartei und selbst der Staatspräsident. Und trotzdem passiert rein gar nichts, nein, im Gegenteil, die Generäle werden unterstützt. In Portugal nutzen sie alle dieselben privaten Scheinunternehmen für ihre korrupten Machenschaften."

    Portugal ist für das angolanische Regime immer noch die Tür nach Europa und in die westliche Welt. Wenn führenden Regierungsvertretern hier der Prozess gemacht würde, hätte das für das Image des aufstrebenden afrikanischen Staates schwerwiegende Folgen.
    Daran hat auch die portugiesische Regierung offenbar kein Interesse. Außenminister Paulo Portas erklärte, dass die Regierung alles daran setzen werde, um zu verhindern, dass die exzellenten Beziehungen zu Angola beeinträchtigt werden.

    Der Publizist Castro erhebt schwere Vorwürfe:

    "Der portugiesische Außenminister Paulo Portas hat der angolanischen Regierung bereits indirekt mitgeteilt, dass ihr wohl keine Gefahr droht. Er hat erkennen lassen, dass es in dem jetzt anlaufenden Prozess sehr wahrscheinlich zu keinem Schuldspruch kommt. Und er hat recht: Derartige Korruptionsfälle hat es in Portugal viele gegeben und fast alle blieben ungelöst, weil es Möglichkeiten gab, die Arbeit der Justiz zu behindern. Das ist die Botschaft der Regierung an den angolanischen Partner."

    Noch ist unklar, wann die Lissabonner Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen abschließen wird. Bis den angolanischen Generälen aber tatsächlich in Portugal der Prozess gemacht wird, könnten noch Jahre vergehen.