Dienstag, 19. März 2024

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Positionspapier der Kulturstaatsministerin
Das Urheberrecht und die Herausforderungen der digitalen Welt

Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat ein Positionspapier zur anstehenden Novellierung des Urheberrechtes vorgelegt. Die CDU-Politikerin hat darin zehn Forderungen formuliert, die dazu beitragen sollen, den Schutz des geistigen Eigentums im digitalen Zeitalter zu schützen. Sie forderte, dass Künstler und Kreative von ihrer Arbeit leben können müssten.

Stephan Detjen im Gespräch mit Karin Fischer | 10.03.2015
    Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, in ihrem Büro im Kanzleramt in Berlin
    Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, in ihrem Büro im Kanzleramt in Berlin (picture alliance / dpa)
    Karin Fischer: Schon lange fordern Künstler und Kreative, aber auch die Film- oder Buchbranche ein Urheberrecht, das ans digitale Zeitalter angepasst ist. Eine riesige Aufgabe für den Gesetzgeber: Denn nie war die kreative Freiheit im Netz, nie aber auch die Einladung zum Diebstahl geistigen Eigentums höher als heute. Das Urheberrecht hat durch die selbstverständliche Nutzung digitaler Inhalte auch im privaten Bereich eine völlig neue Bedeutung erhalten. Während die einen beispielsweise die kostenlose Bereitstellung aller Filme von ARD und ZDF im Internet fordern - denn wozu zahlt man sonst seine Rundfunkgebühr?! -, schreien Filmproduzenten Zeter und Mordio und verlangen Wiederholungshonorare, die ihnen aber niemand wirklich zahlen kann. Und das ist nur ein Beispiel von Tausenden aus der Netzwelt. Monika Grütters, die Kulturstaatsministerin, hat jetzt ein Positionspapier vorgelegt, das vor allem auch dem Schutz des geistigen Eigentums dienen soll. Frage an Stephan Detjen aus unserem Berliner Hauptstadtstudio: Was schlägt Grütters denn vor?
    Stephan Detjen: Es gibt, Frau Fischer, sozusagen einen Obersatz über diesem Positionspapier der Kulturstaatsministerin. Der lautet: Auch im digitalen Zeitalter müssen Künstler und Kreative von ihrer Arbeit leben und nicht nur knapp überleben können. Und darunter schreibt Monika Grütters dann zehn Forderungen auf, die sich an ganz verschiedene Adressaten auf nationaler und europäischer Ebene richten und dazu beitragen sollen, den Schutz des geistigen Eigentums auch im digitalen Zeitalter, im Zeitalter von Google, Amazon und Netflix zu sichern.
    Fischer: Und was wäre das zum Beispiel?
    Detjen: Ich greife Ihnen mal ein Beispiel heraus, das auch zeigt, auf welche Schwierigkeiten man da schon in den bisherigen Überlegungen und Beratungen gestoßen ist. Das ist ja ein sehr komplexes Regelungsfeld. Nationale und europäische Gesetzgebungs- und Regelungsebenen überlagern sich da. Es gibt mächtige Interessenverbände und Unternehmen, die da agieren auf diesem Feld.
    Ein Beispiel: Monika Grütters möchte erreichen, dass Wirtschaftsunternehmen, die werbetreibende Wirtschaft durch Selbstverpflichtungen dazu beitragen können, dass auf Internet-Plattformen, die etwa Möglichkeiten zum illegalen Download von Musik- und Videodateien bieten, keine Werbung geschaltet wird. Warum geht das bisher nicht? Weil das Bundeskartellamt sich dagegen sträubt. Es würde solche Selbstverpflichtungsvereinbarungen der Wirtschaft als nicht zulässige Kartellvereinbarungen sehen, und Monika Grütters fordert nun, solche Hindernisse zu beseitigen. Das ist zum Beispiel eine Forderung, die sich an den Koalitionspartner SPD, namentlich an den Vizekanzler Sigmar Gabriel richtet, der dafür zuständig ist. Und wenn man mit ihr spricht, lässt sie keinen Zweifel daran, dass da noch einiges auch koalitionsintern zu klären ist.
    Übermacht der digitalen Giganten
    Fischer: Wenn Künstler von ihrer Arbeit leben können sollen, dann bedeutet das im Klartext, dass man, wie Sie es gerade geschildert haben, gegen die Verletzung des Urheberrechts im Netz vorgehen muss. Was für andere Ansätze gäbe es noch?
    Detjen: Es gibt natürlich ein Thema, das die Branche und auch die Kulturstaatsministerin europaweit bewegt. Das ist die Übermacht der digitalen Giganten, der Oligopole und Monopole aus den USA, Google, Amazon habe ich erwähnt, die als Bedrohung europäischer Kulturproduzenten wahrgenommen werden. Auch da spricht Monika Grütters ein Thema ganz konkret an: Das ist das sogenannte Territorialprinzip, das Territorialitätsprinzip im Filmrechtehandel. Was ist das? Das besagt, dass Filmproduzenten die Rechte an Filmen in Europa jeweils in den einzelnen Ländern getrennt vermarkten können. Das erschließt denen ganz wichtige Einnahmequellen, sie können dadurch mehr generieren, als wenn es europaweite Lizenzen gäbe, nicht nur für europäische Filmproduzenten, sondern auch für die Einkäufer aus Übersee.
    Kürzlich hat der neue EU-Digitalkommissar Günther Oettinger am Rande der Berliner Berlinale für Aufruhr gesorgt, als er Sympathien erkennen ließ für Forderungen, die aus dem Europäischen Parlament kommen, eine einheitliche europäische Filmlizenz zu schaffen. Monika Grütters widerspricht dem jetzt, stellt sich dagegen und sagt, wir wollen an diesem Territorialitätsprinzip festhalten, denn das ist eine der ganz wichtigen Einnahmequellen, eine Basis für Geschäftsmodelle von nationalen Filmproduzenten in Europa.
    Fragen des Urheberrechts
    Fischer: Vielleicht ein Seitenaspekt, Stephan Detjen, aber trotzdem wichtig: Gerade die Kreativszene, die sich ja längst und vor allem auch in der Netzwelt tummelt, fordert ja uneingeschränkten Zugang zu den Werken anderer, um diese Werke dann sozusagen in eigene Kunstwerke umzumünzen. Wird so ein Fall auch bedacht?
    Detjen: Ja. Da sprechen Sie die vielen offenen Fragen des Urheberrechts, auch des deutschen Urhebergesetzes an. Viele von diesen Fragen sind nicht geregelt. Das liegt seit Langem auf der langen Bank der Bundesregierung. Auch das macht Monika Grütters deutlich. Sie sagt sehr explizit, in der vergangenen Legislaturperiode hat das hier zuständige Justizministerium diese Probleme leider nicht aufgegriffen. Das ist etwas, das unter dem Stichwort "dritter Korb", das dritte Paket notwendiger urheberrechtlicher Regelungen diskutiert wird. Sie sagt, das ist jetzt überfällig, und sie nimmt damit auch ihren Kabinettskollegen Heiko Maas, den Bundesjustizminister in die Pflicht.
    Fischer: Hat die Kulturstaatsministerin Monika Grütters da einen Aufschlag gemacht, der Beifall von vielen Seiten erhalten wird?
    Detjen: Sie wird dafür Beifall bekommen von denen, die es sich zum Thema gemacht haben, die Urheberrechte von Kreativen zu schützen, die Mitglieder der Content-Allianz etwa, die Musikproduzenten, die GEMA ist das, auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten gehören dazu. Aber es wird natürlich in der Diskussion, die ja schon läuft und die Grütters jetzt noch mal mit belebt, deutlich werden, wie widerstrebend die Interessen da sind und auf wie viel Widerspruch sie da auch stoßen wird.
    Fischer: Herzlichen Dank an Stephan Detjen aus unserem Berliner Hauptstadtstudio für diese Vorstellung des Positionspapiers von Monika Grütters zur Novellierung des Urheberrechts.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.