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Posten im Verwaltungsrat
Sigmar Gabriels umstrittener Seitenwechsel

Der frühere Bundeswirtschafts- und -außenminister Sigmar Gabriel soll in den Verwaltungsrat des geplanten Zugkonzerns Siemens Alstom berufen werden. Der SPD-Politiker selbst betonte, er halte sich an die gesetzlichen Vorgaben. Für Kritiker hat der Wechsel jedoch einen Beigeschmack.

Von Paul Vorreiter | 16.05.2018
    23.02.2018, Niedersachsen, Goslar: Der geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) spricht auf der Regionalkonferenz. Die Mitglieder der SPD diskutieren auf einer Regionalkonferenz über den Eintritt in die große Koalition.
    Sigmar Gabriel versteht als Ex-Wirtschaftsminister. Ab März 2019 könnte er im Verwaltungsrat der geplanten fusionierten Zugsparte von Siemens und Alstom sitzen. (picture alliance / dpa / Swen Pförtner)
    Aus Sicht des früheren Wirtschafts- und Außenministers Sigmar Gabriel ist gegen seine geplante Berufung in den Verwaltungsrat von Siemens Alstom aus rein rechtlicher Sicht nichts zu sagen:
    Über seine Pläne habe Gabriel die Bundesregierung umfassend informiert; das Karenzzeitgremium habe rechtzeitig von den Plänen der "Siemens AG" erfahren, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland". In dieses Gremium sind der Ex-Finanzminister Theo Waigel, die frühere Hamburger Senatorin Krista Sager von den Grünen und der ehemalige Bundesverfassungsrichter Michael Gerhardt ernannt worden.
    Selbstverständlich halte sich der SPD-Politiker strikt an die in der vergangenen Legislaturperiode neu geschaffenen gesetzlichen Vorgaben für ehemalige Mitglieder der Bundesregierung. Die neu geschaffenen Vorgaben, von denen Gabriel spricht, sehen vor, dass Minister und Staatssekretäre der Bundesregierung unmittelbar anzeigen müssen, wenn sie in die Privatwirtschaft wechseln wollen. Falls sich problematische Überschneidungen ergeben, kann ihnen für den Jobwechsel eine Karenzzeit von einem Jahr auferlegt werden, in Ausnahmefällen bis zu 18 Monate.
    Vorgeschichte mit Siemens und Alstom
    Der geplante Zug-Konzern soll voraussichtlich Ende des Jahres oder zu Beginn 2019 seine Arbeit aufnehmen, sagte Gabriel. Der ehemalige Wirtschafts- und Außenminister würde für die Tätigkeit ein Jahr nach dem Ausscheiden aus der Bundesregierung zur Verfügung stehen, das wäre dann im März 2019.
    Als Wirtschaftsminister war Sigmar Gabriel 2014 in einen Übernahmeprozess zwischen Siemens und Alstom eingebunden. Damals ging es nicht um den Schienen-, sondern um den Kraftwerksbereich. Gabriel hatte sich gewünscht, dass Siemens den Teil des Alstom-Geschäftes übernimmt, am Ende bekam aber der US-Konzern General Electric den Zuschlag. Diese Vorgeschichte Gabriels hält der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, Klaus Ernst von der Linkspartei, für problematisch, wie er dem Deutschlandfunk-Hauptstadtstudio erklärte:
    "Er hatte die Rolle als Regierungsmitglied in der Weise, dass er die Fusion befürwortet aus dem Interesse der Bundesrepublik Deutschland heraus. Wenn er jetzt in dieser Funktion eines Verwaltungsrats arbeitet, dann hat er nicht mehr die Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Blick zu haben, das ist auch rechtlich so vorgeschrieben, sondern die Interessen des Unternehmens und da ist meines Erachtens genau der Widerspruch."
    "Wissen, das dann der Firma helfen kann"
    AfD-Bundessprecher, Jörg Meuthen, findet, dass der Wechsel zu Siemens Alstom einen faden Beigeschmack habe. Auch für Sigmar Gabriel scheine der Wunsch nach mehr Geld, aber weniger Rampenlicht in Erfüllung zu gehen.
    Hartmut Bäumer, Vizevorsitzender der Organisation "Transparency International" sieht die Angelegenheit gelassener:
    "Würde er jetzt zu Edeka wechseln, Sie wissen damals mit der Ministererlaubnis, dann hätten wir größere Bedenken. So kann man sagen, es ist es in einem Rahmen, ja, das hat immer bisschen ein Geschmäckle, wenn derjenige davor damit zu tun hatte, aber man sollte auch nicht die große Keule schwingen."
    Und dennoch, als unbedenklich empfindet Hartmut Bäumer den geplanten Jobwechsel nicht:
    "Natürlich bringt so jemand wie Herr Gabriel auch ein bestimmtes Wissen mit, was dann der Firma helfen kann, aber wir brauchen die Unabhängigkeit der Politik, gerade in der heutigen Zeit, wo Rechtspopulisten ja versuchen, alles als fast korrupt darzustellen, da sind klare Grenzen und deutlicher Abstand notwendig. Ich sage nicht, dass Herr Gabriel die gerissen hat, aber wir halten drei Jahre für eine vernünftigere Frist."
    Noch gibt es die Firma Siemens Alstom nicht
    Sigmar Gabriel ist eines von elf Mitgliedern des Gremiums, das die fusionierten Hersteller der Schnellzüge ICE und TGV überwachen soll. Neben dem SPD-Politiker hat Siemens noch fünf weitere Mitglieder nominiert. Leiter des Gremiums soll Technik-Vorstand Roland Busch werden. Hinzu kommen weitere drei Siemens-Manager, unter ihnen Finanzvorstand Ralf Thomas und Personalchefin Janina Kugel. Die französische Seite darf ihrerseits fünf Mitglieder ernennen. Dem Verwaltungsrat soll auch der vorgesehene Chef des Unternehmens, der jetzige Alstom-Vorstandsvorsitzende Henri Poupart-Lafarge angehören.
    Der Verwaltungsrat von Alstom hat gestern den Vorschlägen für die anstehende Hauptversammlung zugestimmt. Die Aktionäre müssen auch noch ihr Okay geben. Formell berufen werden können die Mitglieder erst, wenn es das Unternehmen gibt. Die Kartellwächter müssen dem Zusammenschluss aber noch zustimmen. Die Fusion soll Ende des Jahres vollzogen sein. Siemens und Alstom wollen mit dem Zusammenschluss der starken Konkurrenz aus China Paroli bieten, genau genommen dem etwa doppelt so großen Zug-Hersteller CRRC.