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Postkarten aus Cannes
Jagd auf Glanz und Glamour

Bewegtbilder sind das Herzstück der Filmfestspiele von Cannes. Aber auch mit einzelnen Momenten wird an der Croisette Geld gemacht. Die Fotografen am roten Teppich haben nur wenige Sekunden Zeit für das richtige Bild - und den entscheidenden Klick.

Von Maja Ellmenreich | 18.05.2018
    Vor jedem Ausgang lauern die Fotografen
    Vor jedem Ausgang lauern die Fotografen (Deutschlandradio / Maja Ellmenreich)
    Ob die Mittelmeersonne vom Himmel strahlt oder sich gerade eine Wolkendecke davorschiebt – für die Arbeit von Andreas Rentz ist das nicht entscheidend. Zu viel Licht sei sogar gar nicht so gut, erklärt der Entertainment-Fotograf: Wem die Sonne entgegenscheine, kneife die Augen zu. Und wer will schon Bilder von verkniffenen Gesichtern sehen?
    Andreas Rentz arbeitet für die Bildagentur Getty Images. Seit Jahren reist er um den Globus, um im richtigen Moment das richtige Bild zu machen: ob bei der Fashion Week in Mailand, in Istanbul oder bei den Filmfestspielen in Venedig oder Cannes. Das Festival an der Croisette ist für ihn allerdings ein besonderer Höhepunkt des Fotojahres. Nirgendwo sonst finden sich so viele Prominente in kürzester Zeit auf engstem Raum ein. Oder anders gesagt: Die Promidichte von Cannes ist kaum zu toppen.
    Einsatzort: Roter Teppich
    Dicht an dicht stehen auch die Fotografen auf den beiden Tribünen entlang des roten Teppichs. Mehrmals am Tag, vor jeder Filmpremiere, finden hier "Les Marches" statt: die berühmten Prozessionen der Stars und Sternchen, Produzenten und Filmförderer. In gemäßigtem Tempo schreiten sie der Treppe zum Kinopalast entgegen, begleitet von einem Festivalmitarbeiter. Der führt sie - einem Dompteur ähnlich – an den Fotografen vorbei und achtet darauf, dass der Fluss des "Marsches" nicht allzu sehr ins Stocken gerät.
    Aber Zeit für's Posieren vor den Kameras muss natürlich sein. Daran haben alle ein groβes Interesse: die Stars ebenso wie die Filmverleihfirmen, die Bildagenturen und die Magazine. Deutlich hörbar, aber nicht aufdringlich macht jeder Fotografen auf sich und seine Kamera aufmerksam. Die Promis wüssten sich schon in Szene zu setzen, sagt Andreas Rentz. Und sie hätten auch schnell erkannt, welche Kamera für sie die interessanteste sei. Schließlich kenne man sich mit der der Zeit.
    Eine Frage des Tempos
    Doch für einen Plausch ist jetzt nicht die passende Gelegenheit. Tempo zählt! Andreas Rentz drückt auf den Auslöser, und schon 60 bis 90 Sekunden später sehen die Kollegen in der Redaktion das Bild auf ihrem Bildschirm. In Windeseile wird die Auswahl getroffen, hier und da noch etwas nachbearbeitet – und schon geht das Foto raus. Wenn es gut läuft, dann vergehen zwischen dem Klick an der Kamera bis zur Abbildung im Internet nur wenige Minuten, erläutert Andreas Rentz.
    Noch mehr aber freut er sich über den Abdruck in einem Magazin. Da sei er schon neugierig, gibt er zu: Er blättere regelmäßig durch die einschlägigen Zeitschriften auf der Suche nach seinen Bildern. Zur Bestätigung, zur Motivation und um zu wissen, was in den Printredaktionen gefragt sei.
    #MeToo
    Ob sich das Veralten auf dem roten Teppich durch #MeToo verändert habe? Nein, sagt Andreas Rentz. Die gleichen Kleider, die gleichen Posen. Zwischen der Prominenz und den Fotografen herrsche ein respektvoller Umgang, sagt er. Das sei ein Geben und Nehmen. So wie unter den Kollegen auf der Pressetribüne, wo für die fotografierenden Herren Smoking Pflicht ist und für die Damen ebenfalls Abendgarderobe. Am roten Teppich fotografieren Frauen und Männer schließlich Seite an Seite.