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Pot size matters!

Botanik. - Botaniker verwenden für Massenuntersuchungen häufig die Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana, eine anspruchslose, leicht zu manipulierende Pflanze. Fragt sich nur, ob all die Unterschiede, deren genetischer Ursache die Wissenschaftler in ihren Versuchen nachjagen, auch ausschließlich durch die An- oder Abschaltung von Genen zustande kommen. Ein Botaniker aus Jülich hat jetzt herausgefunden, dass selbst die Größe von Anzuchttöpfen das Pflanzenwachstum beeinflusst.

Von Michael Stang | 14.09.2012
    Botaniker auf der ganzen Welt gehen bei der Suche nach geeigneten Zuchtpflanzen immer nach demselben Schema vor, sagt der niederländische Wissenschaftler Hendrik Poorter vom Forschungszentrum Jülich.

    "Wenn man den besten Genotyp, zum Beispiel einer Getreidesorte, finden möchte, kann man nicht Tausende Samen im Feld wild ausstreuen, sondern man braucht ein einfaches System. Und die einfachste Lösung ist die Aufzucht im Topf."

    Da diese Arbeit nicht nur einfach, sondern auch effizient und billig sein soll, werden Tausende Pflänzchen in möglichst kleinen Pöttchen gezüchtet. Das spart zwar Platz, aber ist dies wirklich die beste Lösung? Um das herauszufinden startete Henrik Poorter eine Metaanalyse. 65 Studien, die die Topfgröße behandelten, wurden ausgewertet, eigene Projekte in Jülich folgten. 80 verschiedene Pflanzen, darunter Tomaten, Weizen und Kakteen, wurden in verschieden großen Pötten herangezogen. Der kleinste hatte ein Volumen von fünf Milliliter, der größte kam auf 1700 Liter und wurde für die Zucht von Apfelbäumen eingesetzt. Poorter:

    "Die Frage war: Wie verändert sich die Trockenmasse, wenn wir einen größeren Topf nehmen? Und ich war wirklich überrascht, wie klar die Antwort war. Fast überall galt: Wenn man die Topfgröße verdoppelt, nimmt die Masse der Pflanze um 40 Prozent zu. Verdoppelt man die Topfgröße erneut, erhöht sich auch die Masse wieder um weitere 40 Prozent."

    Das Topfvolumen bestimmt also die Größe einer Pflanze. Um zu verstehen, was sich in der Erde abspielt, hat Henrik Poorter zusammen mit Kollegen aus Jülich und Madrid über mehrere Wochen hinweg die Wurzeln einzelner Gewächse mithilfe eines Kernspinresonanzspektroskopen sichtbar gemacht, um das Wurzelwachstum Schritt für Schritt zu beobachten.

    "Topft man eine Pflanze um, wachsen einige Wurzeln schnell nach unten. Erreichen sie den Boden, geben sie ein Signal an die Pflanze und übermitteln vermutlich die für sie maximale erreichbare Wuchsgröße. Gleichzeitig wird die Photosynthese gedrosselt, damit es nicht zu einem Ungleichgewicht in der Physiologie kommt."

    Selbst wenn optimale Bedingungen herrschen – bezüglich Licht, Temperatur, Wasser- und Nährstoffzufuhr, entscheidet letztendlich die Pottgröße über die maximale Wuchshöhe einer Pflanze. Bei weiteren Untersuchungen sah Hendrik Poorter auch, dass das Material des Blumentopfs entscheidend ist. Plastiktöpfe sind zwar leichter zu tragen, haben jedoch einen entscheidenden Nachteil. Ihre Wände erhitzen sich bei direkter Sonneneinstrahlung enorm. Dies hat zur Folge, dass die Wurzeln, die meist entlang der Wände wachsen, mitunter 40 Grad Celsius aushalten müssen. Normalweise wird es im Wurzelbereich nie wärmer als 15 Grad Celsius. Auch dies habe Auswirkungen auf die Pflanzengröße und den Ertrag. Tontöpfe seien da die bessere Lösung, so der niederländische Wissenschaftler. Aber wie groß soll denn nun der Topf sein?

    "Das ist letztendlich die Multi-Millionen-Dollar-Frage. Natürlich hängt das auch vom Pflanzentyp ab, aber wir haben gesehen, dass man mit weniger als zwei Gramm Biomasse getrockneten Pflanzenmaterials pro Liter Topfgröße auf der sicheren Seite ist."

    Ob demnächst in der Botanik tatsächlich Standards für zukünftige Forschungen bezüglich der Topfgröße eingeführt werden, bleibt abzuwarten. Fest steht laut Hendrik Poorter nur eins: Auf die Größe kommt es an!

    "Pot size matters, exactly!"