Dienstag, 19. März 2024

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Potenzialanalyse im Spitzensport
"Wo bleibt eigentlich der Athlet in diesem System?"

Die sogenannte Potenzialanalyse gilt als das "Herzstück" der Spitzensportreform. Urs Granacher, Vorsitzender der zuständigen Kommission, hat nun im Sportausschuss des Bundestages über den aktuellen Stand der Dinge informiert - nicht alle Mitglieder waren mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden.

Von Wolf-Sören Treusch | 21.02.2018
    Eine Trainingshalle im Fechtzentrum Tauberbischofsheim (Baden-Württemberg).
    Erste Konsequenzen der Spitzensportreform: Der Olympiastützpunkt Tauberbischofsheim verliert seinen Status. (dpa/picture alliance/Jan-Philipp Strobel)
    Zufriedene Gesichter bei den Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion, skeptisches Stirnrunzeln dagegen bei Andre Hahn, dem Obmann der Linken im Sportausschuss des Bundestages.
    "Die Frage, die heute immer wieder gekommen ist, war ja: wo bleibt eigentlich der Athlet in diesem System? Da werden alle möglichen Daten eingespeist, es gibt Attribute, es gibt Rahmenumfeldbedingungen, die da sind, aber was passiert, wenn der Athlet verletzt ist, was passiert mit seinen Trainingspartnern, die er braucht, die aber nicht Weltklasseathleten sind, die aber auch gefördert werden müssen, denn wenn sie nicht da sind, kann er nicht Weltspitze sein."
    Fragen, die PotAS gar nicht beantworten kann. Denn: PotAS steht für Potenzialanalyse. Die nach ihr benannte Kommission will Sportarten und Disziplinen feststellen, die besondere Erfolgsaussichten besitzen. Am Ende werden die Sportverbände in drei unterschiedliche Kategorien eingeteilt und je nach Einstufung Fördergelder erhalten, so der Vorsitzende der Kommission Urs Granacher.
    "Die Bundessportfachverbände, die sich letztendlich im Exzellenzcluster befinden, die werden auch deutlich mehr Mittel erhalten, und dadurch geht man hin zu einem gezielten Investment, und in dem System wird es sicher Gewinner geben, aber in dem System wird es auch ein paar Verlierer geben, natürlich soll das am Ende des Tages dazu führen, dass die Bedingungen, die Rahmenbedingungen für die Athleten in dem System verbessert werden, indem sich die Verbände professionalisieren."
    Etliche Bundesstützpunkte müssen geschlossen werden
    Mit dem Ergebnis, so viel ist klar, dass etliche Bundesstützpunkte geschlossen werden müssen. 39 von 204 stehen auf der Kippe. Mancher Spitzensportler und -sportlerin wird den Wohnort wechseln müssen, um den Traum von einer Olympiamedaille weiter träumen zu können. Die Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag, SPD, findet das problematisch.
    "Wenn ich im Training mit gleich Starken zusammen bin, hat das sicherlich auf meine eigene Leistungsentwicklung positive Auswirkungen, aber in einem freien und demokratischen Land entscheiden immer noch Athletinnen und Athleten und auch deren Eltern, wenn wir über Minderjährige reden, selbst."
    Die PotAS-Kommission wird ihre Empfehlungen noch im Laufe dieses Jahres bekannt geben. Und der Sportausschuss des Bundestages wird sich dann bestimmt erneut mit dem Thema beschäftigen.