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Präsidenten-Stichwahl in Österreich
Van der Bellen vs. Hofer

Erstmals hat mit dem Spitzenkandidat Norbert Hofer die rechtspopulistische FPÖ eine realistische Chance auf das österreichische Präsidentenamt. Dagegen formieren sich um den Ex-Parteichef der Grünen, Alexander van der Bellen, viele Unterstützer aus Kultur und Politik. Heute um 17 Uhr schließen die Wahllokale.

Von Ralf Borchard | 22.05.2016
    Der österreichische Präsidentschaftskandidat Alexander van der Bellen bei der Stimmabgabe.
    Der österreichische Präsidentschaftskandidat Alexander van der Bellen bei der Stimmabgabe. (picture alliance / dpa / EPA)
    Die Wahl gilt als Richtungsentscheidung für Österreich mit möglichen Folgen für die ganze EU. Zieht mit Norbert Hofer erstmals ein Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ in die Hofburg ein? Hofer hat angekündigt, als starker Bundespräsident zu agieren, neben dem Kanzler auf EU-Gipfel mitzureisen und die Regierung unter bestimmten Umständen zu entlassen. Genau davor warnt Gegenkandidat Alexander Van der Bellen, Ex-Parteichef der Grünen. Gebe es bald Parlamentsneuwahlen, drohe auch ein FPÖ-Kanzler, so Van der Bellen:
    "Ich glaube, was die Mehrheit der Menschen in Österreich nicht will, ist eine blaue Republik, mit einem blauen Bundespräsidenten, einem blauen Bundeskanzler."
    Norbert Hofer hat Van der Bellen im Gegenzug stets vorgehalten, er stehe mit seinen prominenten Unterstützern aus Kultur und Politik, auch aus anderen Parteien, für das Establishment. Norbert Hofer:
    "Das ist der große Unterschied. Ich werde ein Präsident für die Österreicher sein, und nicht ein Präsident der Schickeria."
    Deutsche Satire und Politiker waren eher kontraproduktiv
    Warnungen vor der FPÖ aus dem Ausland, etwa durch SPD-Chef Sigmar Gabriel oder EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hätten in Österreich eher kontraproduktiv gewirkt, sagt der Politikberater Thomas Hofer – auch eine Satire der ZDF Heute-Show:
    "Das Hakenkreuz-Schnitzel aus Deutschland, zwar satirisch gemeint, aber in Österreich kommt das natürlich anders an. Das war natürlich von vornherein etwas, wovor das Van-der-Bellen-Lager Angst hatte, dass es da, mit der Faschismus-Keule, eher Wahlhilfe gibt für Norbert Hofer."
    Und was sagen die Leute auf der Straße in Wien? Diese beiden wählen Hofer:
    - "Professor Van der Bellen, der ist für mich unglaubwürdig. Weil das alles Menschen sind, die vom bestehenden politischen System profitieren."
    - "Es denkt keiner an uns Österreicher. Ich bin selber ein Opfer davon, ein großes Opfer."
    Diese Frau dagegen wählt, obwohl eigentlich keine Grünen-Anhängerin, Van der Bellen:
    "Ich bin eigentlich kein ängstlicher Mensch, aber ich habe Angst davor, wenn der Hofer gewinnt. Weil das nicht die besten Seiten vieler Österreicher nach oben spülen würde. Was jetzt so an Drohungen im Verborgenen ist, das würde dann einen irrsinnigen Hype erleben."
    Und es gibt auch die, die auf die Frage, wählen Sie Hofer oder Van der Bellen, sagen:
    - "Keinen."
    - "Wir wählen nicht."
    Die Wahllokale schließen um 17 Uhr. Dann wird auch die erste Hochrechnung veröffentlicht. Wird es richtig knapp, könnte es bis Montagabend dauern, bis feststeht, wer Präsident wird. Denn die Briefwahlstimmen werden erst morgen ausgezählt.