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Präzise wie das Licht

Physik. - Atomuhren sind der Inbegriff von Genauigkeit: Die besten dieser Geräte würden in Millionen Jahren gerade um eine Sekunde falsch gehen. Während dies wohl den meisten Armbanduhrträgern ausreichen sollte, sind zumindest einige Physiker ob der Ungenauigkeit doch unzufrieden. Daher machten sich Wissenschaftler am Nationalinstitut für Standards und Technologie (NIST) der USA in Boulder, Colorado, zusammen mit Quantenoptikern des Max-Planck-Instituts in Garching daran, eine etwas genauere Uhr zu basteln. Das Ergebnis ist eine Uhr, deren Pendel im Takt sichtbarer Lichtwellen schwingt.

31.07.2001
    Von der Taschenuhr bis zum ultragenauen Atom-Chronometer haben alle Zeitmesser eines gemeinsam: Sie alle benötigen einen Taktgeber sowie einen Zähler. Der Taktgeber, etwa ein Pendel, erzeugt eine gleichmäßige Bewegung, deren Zyklen der Zähler erfasst. Nach einem erreichten Schwellenwert schreitet dann der Zeiger einen Schritt weiter. "Bei heute gängigen Atomuhren übernehmen Caesiumatome die Aufgabe des Pendels. Sie schwingen etwa zehn Milliarden mal in der Sekunde und setzen damit die Impulse für den Zähler", erklärt Thomas Udem, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching bei München. Damit die Caesiumatome jedoch ihre eintönige Arbeit aufnehmen, müssen sie zunächst angeregt werden. Dies geschieht mit Mikrowellen einer spezifischen Frequenz, die spezielle Übergänge in den Atomen hervorrufen.

    Die zehn Milliarden Schwingungen in jeder Sekunde genügen Physikern inzwischen bei weitem nicht mehr, denn je höher die Frequenz des Taktgebers ist, desto genauer kann die Uhr arbeiten. Seit Jahren liebäugeln die Forscher daher mit optischen Atomuhren, denn Licht besitzt noch kürzere Wellenlängen - also höhere Frequenzen - als Mikrowellenstrahlung. Einer Physikergruppe am NIST ist jetzt zusammen mit Kollegen des Garchinger Max-Planck-Instituts für Quantenoptik als ersten gelungen, eine solche Atomuhr zu realisieren. Das Team verwendete dazu ein einzelnes, geladenes Quecksilberatom, das in einer magnetischen Falle mit Hilfe von Laserlicht auf niedrigste Temperaturen gekühlt und durch einen weiteren Laser mit UV-Licht zu Schwingungen angeregt wurde.

    "Bei optischen Uhren, deren Frequenzen nochmals um den Faktor 100.000 höher als bei Caesium liegen, besteht das Problem darin, die Schwingung überhaupt noch korrekt zu zählen. Da kommt auch moderne Elektronik nicht mit", resümiert der Münchener Physiker. Die Lösung bot wiederum Licht: Ein so genannter Femtosekunden-Laser erzeugte Blitze von wenigen Millionstel einer Milliardstel Sekunde Dauer. Wird dieses Licht über ein Prisma aufgefächert, so erscheinen 10.000 feinster Farblinien nebeneinander. Die Wissenschaftler regelten den Laser so, dass eine dieser Linien in ihrer Farbe - also auch ihrer Frequenz - genau jener des schwingenden Quecksilberions entsprach. Sobald sie dann das Licht der einzelnen Prismenlinien wieder übereinander legten, erhielten die Physiker eine äußerst genaue Taktfrequenz, die dennoch niedrig genug ist, um sie aufzeichnen zu können. Der Aufwand habe sich gelohnt, meint Udem, denn schon jetzt ticke die Licht-Uhr 20 mal genauer als Caesiumuhren und lasse sich möglicherweise sogar auf das Tausendfache steigern. Ein Anwendung der optischen Atomuhr sei etwa die Überprüfung von Aussagen der allgemeinen Relativitätstheorie, wonach Uhren nahe schwerer Körper anders gehen, als weiter entfernte Zeitmesser.

    [Quelle: Daniel Globig]