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Prager Strahov-Stadion
Planspiele für die Riesenarena

Noch immer gilt das alte Strahov-Stadion in Prag als die größte Arena der Welt. Nach dem Ende des Sozialismus wurden Sportveranstaltungen dort selten. Mittlerweile gibt es nicht mal mehr Konzerte. Gigantische Betontribünen beginnen zu bröckeln. Ideen sind aber vorhanden.

Von Stefan Heinlein | 21.01.2014
    Blick in das Strahov Stadion in Prag, das größte Stadion der Welt
    Nach groben Schätzungen belaufen sich die Kosten für eine Komplettrenovierung des "Prager Kolosses" auf rund 1,5 Milliarden Euro. (JACK GUEZ / AFP)
    Einmarsch mit Pauken und Trompeten. 30.000 junge Athleten strömen in den Bauch des Strahov-Stadions. Von den Tribünen hallt der Applaus der über 200.000 Zuschauer. Auftakt für die Spartakiade in Prag. Es ist eine gigantische Leistungsschau des real existierenden Sozialismus in der damaligen Tschechoslowakei:
    Seit dem ersten Spatenstich 1926 wird der Koloss von den Kommunisten später Stück für Stück ausgebaut. Auf Befehl der Partei entsteht die größte Arena der Welt, so Lenka Ticha, Sprecherin der tschechischen Sportunion:
    "Das Stadion war das Schaufenster des tschechoslowakischen Sportes. Die ganze Welt sollte uns darum beneiden. Es ging um den Nationalstolz und gleichzeitig wollte die Partei ihre Kraft eindrucksvoll präsentieren."
    300 Meter lang und 200 Meter breit ist die Grundfläche des Stadions. Auf dem Höhepunkt der Spartakiaden kommen 1970 über eine Millionen Zuschauer zu der viertägigen Veranstaltung. Doch mit dem Ende des Sozialismus verliert das Strahov-Stadion seinen ursprünglichen Zweck. Nur selten wird die Mega-Arena zum Schauplatz großer Ereignisse:
    Nicht nur die Rolling Stones spielen nach der Revolution '89 im Strahov-Stadion – auch U2 und Pink Floyd geben dort Konzerte der Superlative. Doch 2006 ist damit endgültig Schluss. Es fehlt das Geld für den Erhalt der Arena. Die gigantischen Betontribünen beginnen zu bröckeln:
    "Alles ist heute komplett vergammelt. Es besteht sogar Einsturzgefahr. Der Fußballclub Sparta Prag hat dort jetzt zumindest ein Trainingszentrum für die Jugend errichtet. Der Rest ist aber weiter in einem katastrophalen Zustand."
    Sieben gepflegte Fußballrasenplätze werden umrahmt von den Waschbetontribünen auf rostigen Stahlträgern. Doch die UNESCO hat die Arena mittlerweile auf eine Liste denkmalgeschützter Objekte gesetzt. Ein Abriss kommt deshalb nicht in Frage. Die schwierigen Eigentumsverhältnisse des riesigen Filet-Grundstücks nur einen Steinwurf von der Prager Burg entfernt erschweren jedoch die Zukunftsplanungen:
    "Wir versuchen, die Vermögensverhältnisse zu klären. Das Ziel ist die Übernahme des gesamten Areals durch die Stadt Prag. Sie muss dann entscheiden wie es weitergeht."
    Spekuliert wird schon seit längerer Zeit über den Umbau des Strahov-Stadions zu einem neuen innerstädtischen Zentrum mit Hotels, Restaurants und schicken Geschäften. Doch viele Verbandsfunktionäre fordern den dringend notwendigen Bau eines neuen olympischen Leistungszentrums. Öffentlichen Beifall gibt es auch für den Plan des Architekten Zdenek Lukes:
    "Sinnvoll wäre eine Kombination aus Sport und Erholung. Eine grüne Parkfläche mit Plätzen nicht nur für Spitzenathleten, sondern für alle Prager."
    Doch die Stadtkassen sind leer. Nur mühsam werden jedes Jahr die notwendigsten Unterhaltskosten für den Prager Koloss zusammengekratzt. Nach groben Schätzungen belaufen sich die Kosten für eine Komplettrenovierung auf rund 1,5 Milliarden Euro. Die Auferstehung aus Ruinen bleibt deshalb für das größte Stadion der Welt vorerst weiter eine Illusion.