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Preis der Stromwende

Strom wird für Verbraucher teurer, weil die Ökostromumlage steigen soll. Verbraucherschützer laufen Sturm, die Politik windet sich. Die Stromkonzerne wollen an Subventionsfrüchten teilhaben.

Von Michael Braun | 08.10.2012
    Es klingt, als sei es nicht wahr: Strom wird billiger, jedenfalls an der Strombörse. Die schwächer werdende Konjunktur hat den Großhandelspreis für Strom an der Strombörse auf weniger als fünf Cent je Kilowattstunde sinken lassen. Bleibt es dabei, dann wird konventionell erzeugter Strom bald billiger als Strom aus Wind, Biogas und Sonnenlicht sein – trotz der Subventionierung dieser Stromarten. Denn die Stromnetzbetreiber müssen mehr Geld für den Ökostrom zahlen, als sie dafür von den Verbrauchern bekommen – und werden das durch eine höhere Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz auf die Verbraucher umlegen. Dem Vernehmen nach wollen die Netzbetreiber 5,3 Cent je Kilowattstunde verlangen. Stefan Bielmeier, der Chefvolkswirt der DZ Bank, kalkuliert steigende Strompreise in seine Prognosen ein:

    "Wenn man sich die Diskussion über die erneuerbaren Energien anschaut, sollte man davon ausgehen, dass sich die Strompreise in den nächsten Jahren weiter nach oben entwickeln. Insbesondere Belastungen durch die Energiewende, durch die erneuerbaren Energien und die hier laufenden Subventionsprogramme dürften zu einer weiteren Preissteigerung bei den Strompreisen beitragen."

    Derzeit schlägt die Förderung des Ökostroms mit 125 Euro für einen Durchschnittshaushalt zu Buche. Im nächsten Jahr könnten es bis zu 185 Euro werden. Dass der Ökostrom immer teurer und der konventionelle eher preiswerter wird, folgt einer Kombination aus politisch beeinflusster Preisbildung und Marktgesetzen, die sich nach Angebot und Nachfrage richten.
    "Es ist in der Tat so, dass die Förderung der erneuerbaren Energien dazu führt, dass die Umlage, also ein Anteil des Strompreises, steigt. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass die Zunahme des Ökostroms dazu führt, dass der Börsenpreis sinkt und damit ebnen halt auch die Umlage wiederum steigt, weil die sich errechnet aus der Differenz zum Börsenpreis."

    Sagt Claudia Kemfert, die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Und sie plädiert dafür, dieses System zu erneuern:

    "Im Grunde genommen brauchen wir, wir nennen das immer: ein kluges Marktdesign, was dafür Sorge trägt, dass es ausreichend Anreize gibt, immer noch in die vergleichsweise etwas teureren erneuerbaren Energien zu investieren, aber gleichzeitig auch in Kraftwerke, in fossile Kraftwerke, Gas-Kraft-Wäme-Kopplungsanlagen, die auch vergleichsweise hoher Preise bedürfen. Und je weiter der Strompreis an der Börse sinkt, desto unattraktiver werden auch solche Kraftwerke, die man in der Übergangszeit braucht."

    Die großen Versorger wie E.ON und RWE scheinen immer noch zu spüren, dass ihr klassisches Stromangebot aus Großkraftwerken trotz des derzeit niedrigen Preises wenig erwünscht ist. E.ON denkt an Stilllegung von Kraftwerken, RWE zumindest daran, keine neuen zu bauen. Und RWE schaut verstärkt auf die Auslandsmärkte. Die Essener haben gerade erst ihr bislang auf mehrere Länder verteiltes Kraftwerksgeschäft zum 1. Januar 2013 in der "RWE Generation SE" zusammengefasst. Das Auslandsgeschäft interessiert RWE immer mehr, weil hierzulande der Wettbewerb über das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu Lasten konventioneller Kraftwerke entschieden zu sein scheint.

    An den Subventionsfrüchten wollen die klassischen Großversorger aber auch teilhaben. So hat der Energiekonzern E.ON heute Beteiligungen an mehreren Windparks in Amerika verkauft und damit eine dreistelligen Millionenbetrag eingesammelt. Die sollen in neue Projekte fließen. Wenn die Förderung grüner Energie steigt, wollen offenbar auch die klassischen Stromproduzenten mitverdienen.