Freitag, 19. April 2024

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Pressefreiheit
"Wir haben wirklich ein Problem in Europa"

Die Lage der Pressefreiheit in Europa hat sich nach Ansicht von Experten in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Das liege vor allem an populistischen Politikern, sagte Lutz Kinkel vom "Europäischen Zentrum für Presse- und Medienfreiheit" im Dlf. Besonders Ungarn falle negativ auf.

Lutz Kinkel im Gespräch mit Bettina Schmieding | 18.04.2019
Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn - Archivbild
Regierungschef Orbán hat die Medienlandschaft in Ungarn stark verändert (dpa / Francisco Seco)
Die Lage der Pressefreiheit in Europa hat sich laut den aktuellen Analysen von "Reporter ohne Grenzen" deutlich verschlechtert. "Die systematische Hetze gegen Journalistinnen und Journalisten hat dazu geführt, dass Medienschaffende zunehmend in einem Klima der Angst arbeiten", erklärte die Organisation in ihrem Bericht zur Rangliste der Pressefreiheit 2019.
Der Leiter des "Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit", Lutz Kinkel, bestätigte diese Ansichten im Gespräch mit @mediasres. "Wir haben wirklich ein Problem in Europa", sagte Kinkel. Die schwindende Pressefreiheit habe "sehr viel zu tun mit dem Aufschwung von Rechtspopulisten". Populismus lasse keinen Platz für kritische Journalisten und freie Meinungsäußerung.
Kaum kritische Stimmen in Ungarn
Besonders betroffen sei Ungarn. "Die Regierung Orbán hat die Medien weitgehend unter Kontrolle", sagte Kinkel. Selbst wenn eine Journalistin oder ein Journalist dort einen Skandal der Regierung aufdecke, berichte kaum jemand darüber. Der Grund dafür sei, dass es in Ungarn "kaum wirkungsmächtige Stimmen" gebe, die noch unabhängig seien.
In Polen sei die Lage ebenfalls kritisch, weil der Medienmarkt dort "sehr stark polarisiert" sei, so Kinkel. Die vormals öffentlich-rechtlichen Sender seien in Polen "zu PR-Instrumenten der Regierung umgeformt" worden.
Gefährlich sei, dass einige Politiker Journalisten etwa als Volksverräter oder Feinde des Volkes bezeichneten. Dann sinke die Hemmschwelle für andere, was "die Situation für kritische Journalisten sehr, sehr gefährlich" mache.