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Presseschutz im Netz

Bereits Schnipsel von Presseartikel sollen durch das neue "Leistungsschutzrecht für Presseverleger" im Netz kostenpflichtig werden. So steht es im Gesetzentwurf. Kritiker meinen, dass das Gesetz so eher Rechtsunsicherheiten als Klarheit schafft.

Von Stefan Römermann | 30.06.2012
    Das neue Leistungsschutzrecht soll den Schutz von Presseartikeln im Internet verbessern. Es sieht vor, dass gewerbliche Internetanbieter, kommerzielle Nachrichtenportale und Suchmaschinen in Zukunft eine Lizenz vom jeweiligen Verlag brauchen, wenn sie deren journalistische Artikel oder Teile davon nutzen wollen. Damit sollen die Presseverlage unter anderem an den Erlösen von Suchmaschinen wie Google beteiligt werden. Die Verleger sind mit dem Gesetzentwurf zufrieden, erklärt Christoph Keese, Sprecher des Arbeitskreises Urheberrecht der Verlegerverbände.

    "Viele der Kritikpunkte und Hinweise, die in den vergangen drei, vier Jahren genannt worden sind, haben Eingang in diesen Entwurf gefunden. Wir glauben deswegen, dass er einen fast schon perfekten Interessenausgleich darstellt."

    Mit dieser Ansicht stehen die Verlegerverbände bisher allerdings ziemlich allein dar. Der Deutsche Journalistenverband warnt beispielsweise vor einer Monopolisierung von Sprache. Schließlich sollen dem Referentenentwurf zufolge auch kleine und kleinste Teile von Texten unter das Leistungsschutzrecht fallen, warnt der Journalistenverbandschef Michael Konken.

    "Wir wissen überhaupt noch nicht, wie es funktionieren kann. Was ich überhaupt übernehmen darf. Wie das mit dem Recht des Zitierens in Einklang zu bringen ist. Im Moment würde ich noch nicht einmal ein Wort irgendwo übernehmen. Im Moment ist es fraglich, ob ich überhaupt einen Link nehmen darf, oder ob ich nur auf die Internetadresse hinweisen darf. Also es gibt eine große Ungewissheit, was überhaupt gemeint ist, was ich überhaupt nehmen darf. "

    Auch beim Technologie-Branchenverband Bitkom und beim Bundesverband der Deutschen Industrie hält man das Leistungsschutzrecht für hochgefährlich. So würde das Schutzrecht schon für kleine Textschnipsel oder "Snippets" nicht nur die Arbeit von Suchmaschinen wie Google behindern, sondern auch viele kleine und mittelständische Unternehmen behindern. In der Praxis wäre beispielsweise schon ein Pressespiegel auf der Unternehmensseite lizenzpflichtig. Rechtsantwalt Till Kreutzer vom Internetportal irights.info warnt davor, dass auch viele Blogger vom Leistungsschutzrecht betroffen sein könnten. Zwar falle dem Gesetzentwurf zufolge nur das gewerbliche Verwenden von Textausschnitten unter das Leistungsschutzrecht. Aber was gewerblich ist, werde im Entwurfstext offenbar äußerst weit gefasst, erklärt Kreutzer.

    "Was zum Beispiel heißen würde, jeder der irgendwie im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit Auszüge aus diesen Presseerzeugnissen, benutzt, der kann schon in diesen Gewerblichkeitsbegriff reinfallen. Es geht also keinesfalls nur um Großunternehmen."

    Und inzwischen formiert sich auch in der Koalition der Widerstand gegen den Entwurf. So hat sich Anfang der Woche die Unionsfraktion im Bundestag in einem Positionspapier zum Urheberrecht für ein sehr eng gefasstes Leistungsschutzrecht ausgesprochen. Auch CDU-Netzpolitiker Thomas Jarzombek will wenn überhaupt nur für ein klar formuliertes und eng gefasstes Leistungsschutzrecht stimmen. Die Arbeit von Suchmaschinen, Bloggern oder Journalisten dürfe nicht behindert werden, so Jarzombek.

    "Und dieser Entwurf ist so weit und offen wie ein Scheunentor. Und ich sorge mich schon sehr, dass damit erhebliche Rechtsunsicherheiten entstehen. Und die wollen wir eigentlich verhindern. Einerseits soll ein Zitatrecht möglich sein. Andererseits sollen aber bereits kürzeste Teile von Texten unter dieses Leistungsschutzrecht gestellt werden."

    Bei den Verlegerverbänden hält man die Kritik am Gesetzentwurf für maßlos überzogen. Schließlich würden die Verlage das geplante Recht nur mit Augenmaß einsetzen. Blogger oder Journalisten sollen nicht mit Abmahnwellen überzogen werden, versprechen die Verleger.