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Privatschulen im Gegenwind

Der Ton wird rauer zwischen Befürwortern und Gegnern von Privatschulen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft etwa möchte, dass der Staat künftig restriktiver vorgeht bei der Genehmigung von Schulen in freier Trägerschaft und sich auch bei der Finanzierung zurückhält. Mit einem Rechtsgutachten möchte die GEW belegen, dass die Privatschulgesetze einiger Bundesländer gegen das Grundgesetz verstoßen.

Von Claudia van Laak | 01.06.2011
    Mehr als 24.000 Unterschriften hatte die Berliner Volksinitiative "Schule in Freiheit" gesammelt. Ihre Forderung: Die Bedingungen für Schulen in freier Trägerschaft sollen besser werden - unter anderem verlangt die Initiative mehr Geld für Privatschulen in der Hauptstadt. Der Erfolg dieser Initiative ist für Marianne Demmer ein weiterer Beleg dafür, dass die Privatschullobby auf dem Vormarsch ist. Für die stellvertretende GEW-Vorsitzende ein ganz schlechtes Zeichen.

    "Von daher sind wir in Sorge, dass wenn der Privatschulsektor sich weiter ausweitet, dass dann die soziale Spaltung im bestehenden öffentlichen Schulsystem ein weiteres Mal vergrößert wird und das könnte unsere Gesellschaft nicht gut gebrauchen."

    Im europaweiten Vergleich ist die Zahl der Privatschulen in Deutschland gering - nur sieben Prozent der Schüler besuchen eine Schule in freier Trägerschaft - trotzdem sieht die GEW das öffentliche Schulsystem bedroht. Marianne Demmer verweist auf die neuen Länder. Aufgrund der massiv zurückgegangenen Schülerzahlen wurden viele staatliche Schulen auf dem Land geschlossen, private Initiativen sind in die Lücken gesprungen. Die Kultusministerien der neuen Länder hätten diese privaten Schulen, die staatliche ersetzt haben, nicht genehmigen dürfen, heißt es in einem Rechtsgutachten im Auftrag der GEW.

    "Da kann man sagen, dass da wahrscheinlich ein Staatsversagen vorliegt, also soweit ich die Situation da kenne, hat der Staat in einer Reihe von Fällen da fahrlässig gehandelt."

    Das Grundgesetz sieht Privatschulen ausdrücklich vor, formuliert aber Regeln für ihre Genehmigung. So heißt es in Artikel 7, Absatz 4: "Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen nicht gefördert wird." Marianne Demmer:

    "Da sind mittlerweile Landesgesetze nicht mehr wirklich eindeutig, sondern ermöglichen, die Schulpflicht zu erfüllen an Schulen, die ein riesig hohes Schulgeld verlangen."

    Gemeint sind hier die Privatschulgesetze in Sachsen und Nordrhein-Westfalen, die in diesem Punkt gegen das Grundgesetz verstoßen - zu diesem Schluss kommt jedenfalls das von der Gewerkschaft GEW in Auftrag gegebene Rechtsgutachten.

    Der Privatschulverband seinerseits kritisiert den Kampf der GEW gegen die grundgesetzlich garantierten Schulen in freier Trägerschaft. Sprecher Florian Becker sagt, hier wird ein Feindbild aufgebaut:

    "Wir beobachten schon, dass in einigen Bundesländern und von bestimmten Richtungen die Privatschulen stärker in den Fokus rücken, von daher kann man schon sagen, dass der Gegenwind stärker geworden ist."

    Dass die GEW gerade das sächsische Kultusministerium als zu privatschulfreundlich kritisiert, wundert Florian Becker. Hat doch der Dresdner Landtag das Privatschulgesetz des Landes vor nicht allzu langer Zeit verschärft.

    "In Sachsen haben wir das, dass da Vorgaben zur Klassengröße und zur Zügigkeit gemacht werden, und wenn das dazu führt, dass kaum noch neue Schulen gegründet werden können, dann widerspricht das dem Grundgesetz."

    Mit dem jetzt vorgelegten Rechtsgutachten will die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Druck auf Bildungspolitiker und Kultusministerien machen. Der Wunsch der GEW an die Politik: Sie soll künftig den Schulen in freier Trägerschaft das Leben schwerer machen.