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Privatunis - vom Motor zur Bremse

In den 90er-Jahren wurden sie als Motoren einer neuen Bildungspolitik gefeiert - jetzt stehen immer mehr private Universitäten vor der Pleite. Jüngstes Opfer: die International University in Bruchsal. Der Investor Educationtrend zieht sich aus diesem Millionenverlustgeschäft zurück.

Von Heiner Kunold | 23.07.2009
    Eine Eliteuni, eine Kaderschmiede für die regionale IT-Branche sollte sie werden. Am Ende blieben 170 Studierende und 12 Professoren, die nun von der Schließung der International University in Bruchsal betroffen sind.

    Nicht, dass die Bruchsaler keinen Kummer gewohnt wären, schon vor zwei Jahren stand die IU kurz vor der Pleite - damals stieg Educationtrend ein, investierte nach eigenen Angaben Millionen und zog nun doch die Notbremse, was bei monatlich bis zu 250.000 Euro neuen Schulden eigentlich kein Wunder ist. Trotzdem sind vor allem die Studierenden enttäuscht - sie verstehen nicht, warum die private Uni abgewickelt werden soll - immerhin hatte es zuletzt sogar ein Konzept für ihre Rettung gegeben.

    "Wir haben jetzt eigentlich die letzte Woche gehofft, dass dieses Business Modell eben auch in der Politik und in der Wirtschaft Anklang findet, sodass das eben auf einem anderen Wege weiter geführt werden kann, und das kam jetzt eben heute dann sehr schockierend, dass das überhaupt keine Chance hat."

    "Das Konzept hat immer gut geklappt, das hat auch im internationalen Vergleich immer sehr gut ausgesehen und natürlich bedauere ich das."

    "Wir sehen das schon ein bisschen als eine Heuschreckenaktion, weil, ich kann mir nicht vorstellen, dass man vor zwei Jahren nicht gewusst hat, worauf man sich einlässt."

    Die Kritik richtet sich zum einen gegen den Hamburger Investor Educationtrend - eine Firma, die erst im Frühjahr die Hanseuniversität in Rostock abgewickelt hatte - zum anderen aber auch gegen die Landesregierung von Baden-Württemberg: Nicht zuletzt wegen der zahlungsunfähigen Privatuni in Bruchsal gerät nun Wissenschaftsminister Peter Frankenberg unter Druck. Der Bruchsaler Assistent Professor Hagen Höpfner ist jedenfalls "enttäuscht, zum einen von der Universitätsleitung, weil wir verdammt spät über die Situation informiert worden sind, ich bin enttäuscht vom Land, weil trotz mehrerer Nachfragen auch vom Land keine Stellungnahme zu bekommen war. Auch auf Nachfragen des Betriebsrates wurde nicht reagiert. Man fühlt sich in der Luft hängen gelassen."

    Das sehen auch manche Studierende so: Immerhin hatte man ihnen noch eine Bestandsgarantie für die nächsten fünf Jahre versprochen.

    "Also ich möchte momentan nicht in Herrn Frankenbergs Haut stecken, weil das Land hat ja mal auf diese Uni gesetzt, und entweder müsste man jetzt zugeben, dass man sich selbst auch persönlich verkalkuliert hat, oder ja vielleicht auch sich selbst zuschreiben, dass in den letzten Wochen die Unterstützung hätte noch eindeutiger sein können."

    "Da sehe ich irgendwie auch die Politik in der Verantwortung, dass sie da hätten die Sicherheiten höher setzen können. Dass man jetzt einfach sagt, nee, da gibt es eine Ausstiegsklausel und die legen da jetzt zwei Millionen hin und dann ist das okay, damit hätten wir eben nicht gerechnet und das wurde auch so nicht kommuniziert vor zwei Jahren, als Educationtrend das übernommen hat."

    Wer sich so eine teure Privatuni wie die Bruchsaler leisten kann - immerhin kostete hier jeder Studienmonat 695 Euro, der sollte eigentlich erwarten, dass er später auch eine gute Stelle finden wird. Darüber macht sich so mancher nun Sorgen.

    "Ich hoffe doch, dass die Arbeitswelt anerkennen wird, dass wir hier gute Arbeit geleistet haben und dass wir immer noch eine gute Ausbildung haben. Dass wir, allein dadurch, dass die Uni zumacht, viel schlechtere Chancen haben, glaube ich nicht."

    Bleibt die Frage, was aus den 170 Bruchsaler Studierenden werden soll.

    Für rund 100 von ihnen wird es wohl einen geregelten Rückzug geben - sie können bis Ende August ihre Abschlüsse machen, die übrigen sollen verteilt werden - an die Uni Mannheim und auf Institute, die in Bruchsal einsteigen wollen. Zum Beispiel die Berliner Steinbeis-Hochschule ist im Gespräch. Aber auch die Karlsruher Universität liebäugelt mit der alten Bruchsaler Dragonerkaserne.