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Produktpiraterie
Plagiate, die zum Himmel stinken

Fälschungen kommen oft aus China über den Seeweg nach Hamburg. 45.000 Mal griff der Zoll im vergangenen Jahr Plagiate auf - 72 Prozent mehr als im Vorjahr. Am häufigsten entdeckten die Beamten dabei gefälschte Parfums und Körperpflegeprodukte: 1,6 Millionen einzelne Teile, fast 24 Millionen Euro wert.

Von Vivien Leue | 24.04.2015
    "Ein, zwei, drei..." Geklimper von klirrendem Glas.
    Da fallen sie klirrend in den Container: tausende Parfumflakons. Sie sehen aus, wie das Original: Teils golden verziert, mit Milchglas verschönert und natürlich mit dem Schriftzug der Marke - Aber: Es sind Fälschungen, wie Alwin Bogan vom Hauptzollamt Krefeld erklärt:
    "Die Parfumfälschungen kommen ursprünglich aus China, sind dann über den Seeweg nach Hamburg gekommen und da sind sie dem Zoll aufgefallen."
    Entsorgte Parfumplagiate im Hamburger Hafen, vom Zoll entdeckt.
    Entsorgte Parfumplagiate im Hamburger Hafen, vom Zoll entdeckt. (Deutschlandradio / Vivien Leue)
    45tausend Mal griff der Zoll im letzten Jahr Fälschungen auf - 72 Prozent mehr als im Vorjahr. Am häufigsten entdeckten die Beamten dabei gefälschte Kosmetikprodukte. Zöllner Bogan:
    "Wir haben einen deutlichen Zuwachs im Bereich der Parfums und Körperpflegeprodukte, das heißt in der gesamten Produktpalette stehen die mittlerweile an Nummer eins, mit mehr als 1,6 Millionen einzelnen Teilen, fast 24 Millionen Euro an Wert."
    Kosmetikprodukte - wie die Parfums, die heute in Solingen medienwirksam im Container landeten - haben damit Bekleidungswaren, wie T-Shirts, Schuhe oder Sonnenbrillen, vom Platz eins der Plagiate verdrängt. Das ärgert den Verband der Kosmetikhersteller, VKE - und deshalb will er die Endverbraucher für das Thema sensibilisieren, zum Beispiel mit der Aktion heute in Solingen. Verbands-Chef Martin Ruppmann:
    "Es gehen Umsätze verloren, das schlägt nicht nur auf die Industrie durch, sondern die Produkte werden dann auch bei unseren Handelspartnern nicht mehr verkauft und das kann Arbeitsplätze kosten."
    Schwerer wirtschaftlicher Schaden
    Der wirtschaftliche Schaden, den Plagiate jährlich anrichten, ist schwer zu beziffern. Nicht nur ist da der Umsatzverlust für die Originalhersteller, es stehen letztlich auch Arbeitsplätze auf dem Spiel. Und: Gefälschte Produkte können ihrerseits zum Beispiel gesundheitlichen Schaden anrichten, wenn zum Beispiel in Wascharmaturen Blei verbaut oder in Kinderspielzeug giftige Chemikalien verarbeitet sind. Laut einer Studie von Ernst&Young und dem Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie haben rund ein Drittel der Verbraucher schon einmal Schäden durch minderwertige Fälschungen erlitten.
    Im Solinger Museum Plagiarius sind auch solche - gefährliche - Plagiate ausgestellt:
    Museums-Sprecherin Christine Lacroix:
    "Felgen sind auch dabei, die wurden auf der Motorshow angeboten und dort beschlagnahmt. Die wurden dann dem TÜV gegeben zum Test, dabei kam heraus, dass Felgen in kurzer Zeit auseinanderbrachen."
    Plagiate sind gefährlich
    Der Bundesverband der Industrie appelliert an die Politik, die Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums immer wieder den Realitäten anzupassen. Denn nur mit diesem Schutz kann Deutschland innovations- und wettbewerbsfähig bleiben, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo heute auf einer Veranstaltung in Berlin.
    Vor dem Solinger Museum Plagiarius wabert mittlerweile ein süßlich strenger Duft durch die Luft. Den bekommen die umstehenden Passanten wohl nicht so schnell aus der Nase - aber das war ja auch Zweck der Aktion. Denn, so die Veranstalter: Plagiate stinken zum Himmel.