Karin Fellner liest aus und spricht über „Polle und Fu“
Die offensichtlichste Frage wird gleich zu Beginn gestellt: Wer ist Polle und Fu? „Fragst du die Brotfische, sagen sie: stoff- / wechselnde Namen, die sich mal so, mal so / aneinander klammern, stoßen, freuen.“ Man stellt sich unweigerlich etwas Symbiotisches vor, ähnlich des fernöstlichen Yin/Yang-Duos. Diese so zusammenhängenden, stoffwechselnden Helden leben in einer Welt, die irgendwo zwischen digitaler Natursimulation (es gibt Transponder, Chips, Clouds und DRAMs) und H.P. Lovecrafts Gelände um den Miskatonic River angelegt ist. Der Band, in fünf Zyklen eingeteilt, berichtet von den Lebewesen, der Topographie und den Ordnungsprinzipien dieser Welt: „Ein Riemen ist ein halber Lachs, / ein Remel aber ein Bund Flachs.“ Ein Fisch will zu den Mu-Tieren gehen, „Maschinen dröhnen. Drohnen marschieren“, innig fühlen sich Polle und Fu, „wenn Aerosole wechseln von dir zu mir“. Die kleinen Schabernacke bedichten lustvoll die Apfelmuse, becircen einander im Hain („links halbleere Akkus, vorn ein Rest Knäuelgras“) und wechselbalgen mit ihren Spracheinfällen. Karin Fellner hat ein lyrisches Universum geschaffen. Pausenlos ereignet sich Fantastisches. „Fu: Du, wenn wir den Bach da runtergehen, / wird’s uns dann wunder zumute?“ Polle und Fu - die beiden sind das schönste Liebespaar der deutschsprachigen Gegenwartslyrik.
Karin Fellner wurde 1970 in München geboren und lebt dort. Sie studierte Psychologie in Konstanz und Literaturwissenschaften in München (M. A.). Sie arbeitet als Autorin und Lektorin. Als Schreibcoach berät sie seit 1999 Schreibende und leitet u.a. auch Kurse für das Lyrik Kabinett und das Literaturhaus München. Für ihr literarisches Schaffen erhielt sie den Förderpreis beim Leonce-und-Lena-Wettbewerb in Darmstadt (2005), den Förderpreis für Lyrik der Internationalen Bodenseekonferenz (2006), den Bayerischen Kunstförderpreis in der Sparte Literatur (2008), den Medienpreis (RAI Sender Bozen) beim Lyrikpreis Meran (2012), ein Arbeitsstipendium für Literatur des Freistaats Bayern (2018) sowie die Christian-Ferber-Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung (2021).