006 Von Wagner bis Widmann
Von Eva-Maria Götz
Ein Besuch beim Schott-Verlag: 1770 gegründet, heißt der Verlag heute 'Schott Music'. Die Schreibweise verheißt Internationalität und Anschluss an die Moderne. Wer aber das Barockgebäude in einer stillen Straße von Mainz betritt, stößt zunächst auf Geschichte: Im historischen Treppenhaus steht unübersehbar der Hausheilige: Richard Wagner. Alte Affichen künden von der Premiere des ,Parsifal' und Beethovens ,Neunter', neuere Plakate gelten Opern von Orff, Hindemith und Schönberg, Vitrinen präsentieren die jüngsten Produktionen der berühmten Gelben Edition Schott.
Wer das verlagseigene Museum besucht, findet Mozart-Autografen neben dem Werkzeug des Notenstechers. Es gibt noch Mitarbeiter, die Seite für Seite per Hand hergestellt haben - und die jetzt im Nachbarraum an modernen Maschinen stehen. 20 Sekunden dauert heute die Drucklegung einer Partitur. Wozu bedarf es in Zeiten, wo jeder Komponist ein Programm zum Notendruck haben kann, noch eines Verlages?
Jörg Widmann, Jahrgang 1973, Klarinettist und Komponist von internationalem Rang, mag vor allem die akribische Arbeit der Lektoren von Schott nicht missen. Er sitzt mit einiger Andacht auf der Chaiselongue, die der Verlag seinerzeit in ein extra Wagner-Zimmer stellte - das Verlagshaus ertrug nicht nur Wagners Allüren, sondern auch dessen Affären.