Kölner Kongress 2017 - Erzählen in den Medien
Was bisher geschah… wird wieder geschehen
Wie, warum und wohin sich das Erzählen in Bildern derzeit verwandelt, möglicherweise
Von Georg Seeßlen
Die Ursprünge des Erzählens liegen in der Erklärung und Legitimation der Gegenwart durch die Vergangenheit. Das, was einmal geschah, ist die Grundlage dessen, was jetzt ist. Doch schon immer zeigt sich, dass die Beziehungen zwischen der erzählten Vergangenheit und der Gegenwart des Erzählens komplizierter sind, als eine gerade Linie. Vor allem gilt das Interesse dem Bruch zwischen der heroischen und magischen Vergangenheit und der alltäglichen oder auch elenden Gegenwart. Was ist passiert, zwischen dem Western oder der Kara ben Nemsi-Lektüre und der Reihenhaus-Gegenwart, mag sich der jugendliche Träumer fragen. Eine zweite Grundlage ist der Bericht aus der Ferne. Die Kunde von abenteuerlichen Reisen und von Orten, an denen alles anders ist. Der Andersort der Erzählung muss real gar nicht existieren, er kann eine Insel namens Utopia ebenso meinen wie einen fernen Planeten.
In der ersten Form des seriellen Erzählens schützt sich die mythische Vergangenheit vor dem Anschluss an die Gegenwart. Das Abenteuer geht immer weiter, langweilig wird das erst, wenn man der Erzählzeit und des Erzählraumes in gewisser Weise entwachsen ist. Irgendwann ist man zu alt für Kara ben Nemsi - jedenfalls zu alt für den kindlichen Glauben an seine Welt.
Georg Seeßlen hielt einen Vortrag zu diesem Thema beim Kölner Kongress am 11. März 2017.
Georg Seeßlen, geboren 1948 in München, Studium der Malerei an der Kunsthochschule München, ist freier Journalist, Filmkritiker, Autor und lebt in Kaufbeuren. Sein Blog heißt "Das Schönste an Deutschland ist die Autobahn“. Zuletzt veröffentlichte er im Suhrkamp Verlag mit Markus Metz "Geld frisst Kunst - Kunst frisst Geld. Ein Pamphlet."