Katja Lange-Müller liest aus dem Roman: "Drehtür" (1/2)
(Teil 2 am 24.8.16)
Viele Jahre muss man meist auf einen neuen Roman von Katja Lange-Müller warten. Und jetzt ist es, nach 'Böse Schafe' von 2007 wieder soweit. 'Drehtür' heißt er, und erzählt von einer Krankenschwester am Ende ihrer Kräfte und ihrer Laufbahn. Asta ist nach 22 Jahren im Dienst internationaler Hilfsorganisationen am Münchner Flughafen gestrandet. Von den Kollegen weggemobbt aus der Krankenstation in Nicaragua, wo sie zuletzt tätig war, steht sie neben einer Drehtür und raucht. Sie wollte eigentlich gar nicht zurück. Aber weil sich ihre Fehlleistungen häuften, bekam sie ein One-Way-Ticket geschenkt. Und nun weiß sie nicht, wie es weitergehen soll. Einigermaßen wohl fühlt sie sich nur, wenn sie gebraucht wird. Und wer könnte sie, die ausgemusterte Krankenschwester, jetzt noch brauchen? Während Asta über sich nachdenkt, beobachtet sie ihre Umgebung - und meint, Menschen wiederzuerkennen, denen sie im Laufe ihres Lebens begegnet ist: den Koch der nordkoreanischen Botschaft, der eines Abends mit geschwollener Wange in einem Berliner Hauseingang hockte; ihre Kollegin Tamara, die ein glühender Fan von Tamara Bunke war; ihren Exfreund Kurt, mit dem sie turbulente Wochen in einer tunesischen Ferienanlage verbrachte, und viele andere mehr. Mit jeder Zigarette taucht Asta tiefer in ihre Vergangenheit ein - und mit jeder Episode variiert die Erzählerin ein hocht aktuelles und existenzielles Thema: das Helfen und seine Risiken.
Katja Lange-Müller, geboren 1951 in Berlin-Lichtenberg. U.a. vier Jahre Arbeit in der Druckerei und Bild-Redaktion der Berliner Zeitung. Anschließend sechs Jahre pflegerische Hilfskraft auf geschlossenen psychiatrischen Frauenstationen in der Berliner Charité und im Fachkrankenhaus für Neurologie und Psychiatrie Berlin-Herzberge. Von 1979 bis 1982 Studium am Institut für Literatur Johannes R. Becher in Leipzig; danach einjähriger Studienaufenthalt in der Mongolischen Volksrepublik und Arbeit in der Teppichfabrik Willhelm Pieck in Ulan-Bator. Im November 1984 Übersiedlung nach Westberlin. 1986 erste Veröffentlichung eines eigenen Buches: 'Wehleid - wie im Leben'. Im Jahr 2012/2013 war Katja Lange-Müller Stipendiatin der Villa Massimo, erhielt den Kleist-Preis. Sie war 2013/2014 Stipendiatin der Kulturakademie Tarabaya Istanbul. Und 2016 hielt sie die Siegfried Unseld-Poetik-Vorlesungen an der Uni Frankfurt. Nach einem Gespräch wird sie selbst aus dem Roman 'Drehtür' lesen.