Vielfarbige Klangwelten
Ein Blick auf die Monteverdi-Rezeption des 20. Jahrhunderts
Von Helga Heyder-Späth
Claudio Monteverdis 'Selva Morale e spirituale' seien ein Ausdruckskaleidoskop der für San Marco entstandenen Werke. So ist es im Begleittext zu Andrew Parrotts Teileinspielung dieser umfangreichen Sammlung geistlicher Werke zu lesen, die der venezianische Kapellmeister gegen Ende seines Lebens gleichsam als musikalisches Vermächtnis drucken ließ. Parrotts Aufnahme war eine von mehreren Monteverdi-Produktionen, die das Label EMI 1984, vor 30 Jahren, auf den Markt brachte und damit eine neue Ära der Monteverdi-Rezeption einläutete. Wissenschaftlich fundiert und mit großer Ausdruckskraft rückten Parrott und seine Kollegen den italienischen Meister darin in ein neues Licht. Dessen erstaunliche Tonsprache hatten in den Jahrzehnten davor aber auch schon Musiker wie Nikolaus Harnoncourt, Jürgen Jürgens, Alfred Deller, Paul Hindemith und Nadia Boulanger für sich entdeckt. Boulangers Klavier begleitete Madrigalauslegungen von 1937 sind von heutigen Vorstellungen historischer Aufführungspraxis sicher weit entfernt, beleuchten aber doch sehr reizvolle Facetten in Monteverdis vielfarbiger Klangwelt.