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Projekt "Wohnen für Hilfe"
Günstiges Studentenzimmer als Tausch für Hilfe für den Vermieter

Vor allem in Universitätsstädten sind günstige Unterkünfte rar. Das Projekt "Wohnen für Hilfe" könnte eine preiswerte Alternative sein. Studierende müssen ihren Vermieter ein wenig unterstützen und bekommen dafür ein fast kostenloses Zimmer.

Von Viola Gräfenstein | 27.01.2015
    Symbolbild Hausbau
    Weniger Miete bezahlen und dafür einem älteren Menschen bei den täglichen Dingen helfen (imago/Gerhard Leber)
    Jeden Morgen bereitet Jorge Sandoval aus Ecuador das Frühstück für Elisabeth Pisacane aus Köln vor.
    "Normalerweise mache ich Frühstück. Frau Pisacane isst ganz gerne Marmelade und Kuchen und so weiter."
    Jorge Sandoval übernimmt außerdem noch den einen oder anderen Fahrdienst für seine pensionierte Vermieterin. Im Internet stieß der Sporthochschulstudent bei der Wohnungssuche auf das Projekt "Wohnen für Hilfe" in Köln und stellte sich gleich im Projektbüro vor. Ein Glücksfall für den Ecuadorianer:
    "Ich helfe ganz gerne, in Ecuador habe ich immer meinem Opa geholfen mit Kisten und sauber machen und putzen. Ich mache gerne, ja warum nicht, ich freue mich."
    Denn Jorge hat nicht nur ein günstiges Zimmer, sondern er lernt auch gleichzeitig die deutsche Sprache und Kultur kennen. Elisabeth Pisacane, nimmt ihn sogar mit auf Ausflüge. Auch für die pensionierte Lehrerin ist das Projekt "Wohnen für Hilfe" eine Unterstützung.
    "Ich hatte jetzt leider den Nachteil, ich bin gefallen und da musste ich des Öfteren zum Orthopäden und war auch im Krankenhaus und habe Spritzen in Bein und Arm bekommen. Und da hat mich Jorge hinbegleitet, das war für mich sehr angenehm."
    Cirka fünf Stunden muss Jorge Sandoval für seine Vermieterin in der Woche arbeiten. Die übrige Zeit geht ins Studium. Die kleine Wohngemeinschaft von Elisabeth Pisacane und Jorge Sandoval klappt seit ein paar Monaten sehr gut.
    "Aber man muss auch mit dem jungen Menschen gut zurechtkommen, wenn das nicht klappt, dann ist das schlecht."
    Deshalb haben die Studierenden genauso wie die Wohnraumanbieter die Möglichkeit, sich zunächst 14 Tage lang gegenseitig kennenzulernen, bevor sie sich auf das Projekt einlassen, weiß Sandra Wiegeler, die das Projekt "Wohnen für Hilfe" an der Universität zu Köln betreut und Wohnpartnerschaften vermittelt:
    "Das Probewohnen ist das A und O. Da lernt man schon mal so die Macken kennen des anderen und kann feststellen, kann ich damit umgehen, wie ist der Weg zur Uni, wie ist der denn, wenn ich die Arbeit mache. Das ist ein Indiz dafür, ob die Wohnpartnerschaft klappt oder nicht."
    Das kostenfreie Projekt "Wohnen für Hilfe", das von der Stadt Köln und der Universität zu Köln unterstützt wird, entstand vor fünf Jahren. Mittlerweile wird es in 27 Universitätsstädten in ganz Deutschland angeboten. Mit dem wissenschaftlich begleiteten Projekt hatte man anfangs nur die Senioren im Blick:
    "Das ist auch die Idee dahinter, älteren Menschen das Zuhausewohnen bleiben so lange zu ermöglichen, wie es geht, mit Hilfe und Unterstützung von Studierenden."
    Das Prinzip von "Wohnen für Hilfe" ist einfach. Die Faustregel lautet: Pro Quadratmeter überlassenen Wohnraum leisten die Studierenden eine Stunde Hilfe im Monat. Die Nebenkosten, wie Strom, Heizung und Wasser, tragen die Studierenden. Damit das Wohnverhältnis passt, schaut sich Sandra Wiegeler alles vorher persönlich an und hält Kontakt zu beiden Parteien.
    "In der Regel ist es so, dass die bei uns angerufen haben. Dann vereinbaren wir einen Termin und sehen auch eigentlich zu, dass wir beide, meine Kollegin und ich, die besuchen, die Personen."
    Da sich das preisgekrönte Projekt unter den Studierenden schnell herumgesprochen hat und es deshalb mehr Anfragen als Wohnobjekte gibt, wurde die Gruppe der Wohnraumanbietenden erweitert:
    "Das können dann auch Familien sein, alleinerziehende Menschen mit Behinderung, das kann jede andere Person sein, die ein Zimmer zur Verfügung stellt.
    Auch Elisabeth Pisacane wird weiterhin Studierende bei sich in ihrem Haus aufnehmen, denn sie weiß:
    "Ich helfe demjenigen bei der Sprache, aber profitiere auch davon für mich, um Land und Leute der anderen Länder kennenzulernen."