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Projektarbeit als Teambuilding
"Wichtig ist Respekt"

Braucht es spezielle Teambuilding-Maßnahmen, um gut in der Gruppe zusammenarbeiten zu können? Nein, findet das Kuratoren-Team einer Frankfurter Ausstellung. Zwei Jahre lang hat die heterogene Gruppe an dem Projekt gearbeitet - nicht ohne Krisen, aber letzen Endes erfolgreich.

Von Afanasia Zwick | 03.10.2015
    Zwei Männer und zwei Frauen in Geschäftskleidung kommunizieren miteinander, in der Mitte ist eine Sprechblase mit Bauklötzen abgebildet.
    "Loslassen und Kompromisse eingehen" - laut des Kuratoren-Teams der Frankfurter Ausstellung "berührt-verführt. Werbekampagnen, die Geschichte machten" wichtig in der Teamarbeit. (imago / Westend61)
    - "Ein Plakat wird vielleicht eher noch mal aufgehoben... "
    - "Nein: Werbeplakate gibt es in Museen ganz spärlich!"
    - "Das stimmt. Aber..."
    Auf der Pressekonferenz im Museum für Kommunikation in Frankfurt stellen die fünf Kuratoren der Ausstellung "berührt-verführt. Werbekampagnen, die Geschichte machten" den Kern ihrer Ausstellung vor. Es geht um Werbung von den 40er-Jahren bis heute, die den Zeitgeist der Deutschen spiegelt:
    - "Die Werbebranche hat kein historisches Bewusstsein, beispielsweise..."
    - "Das ist eine Einzelmeinung!"
    - "Auf jeden Fall..."
    Dass sich die Kuratoren gegenseitig ins Wort fallen, irritiert viele. Von einem Teamgeist: wenig zu spüren. Nassrin Sadeghi, das jüngste Teammitglied, kennt aber inzwischen die Stärken und Schwächen ihrer Kollegen. Dass andere Teams dafür extra Teambuilding-Maßnahmen nutzen, findet sie überflüssig: "Es hat sich durch die Arbeit gezeigt. Also der Kletterwald hätte da jetzt nicht weitergebracht."
    Humor hat manche Situation gelockert
    Das Team ist bunt gemischt: zwei ältere Herren, beide 72 Jahre alt. Drei Frauen, zwischen 30 und 50 Jahre alt. Zusammengefunden haben sie, weil Richard Grübling, Ideengeber für "berührt-verführt", einen Platz für die Ausstellung suchte. Das Museum für Kommunikation bot sich an und Grübling traf auf Katja Weber, die Kuratorin der gesamten Ausstellung. Während der Eröffnung erzählt er von ihren Differenzen: "Die Frau Weber ist eine andere Generation, das heißt, selbst die Kampagne "Alle reden vom Wetter-wir nicht" war ihr völlig neu. Die musste sich einarbeiten. Das war natürlich ätzend teilweise, weil das hat ewig gedauert."
    Die 36-jährige Kuratorin sagt, sie musste sich ihren Platz erst erkämpfen: "Am Anfang war die Herausforderung klar zu machen: Was weiß ich, was kann ich, was bring ich mit. Und ich musste da durchaus manchmal auch nicht ganz so einfache Kommentare wegstecken: Es gab einfach mal ein Duz-Problem am Anfang, da ist mir aus Versehen mal ein Du rausgerutscht, was ganz kritisch betrachtet wurde."
    Zwei Jahre lang hat das Team an der Ausstellung gearbeitet, sich zweimal pro Woche getroffen. Humor habe manche Situation gelockert: "Wir haben auch angefangen untereinander irgendwann so ein bisschen rumzuwitzeln: Ach jetzt macht Herr Grübling wieder das: Er kommt zum Beispiel immer eine Viertelstunde zu spät und dann war er mal pünktlich und dann meinte er, ja aus Versehen."
    Hinter den Kulissen hat es oft gekriselt
    Inhaltliche Meinungsverschiedenheiten seien am schwierigsten zu überwinden gewesen, sagt Grübling. Noch immer ist er von der Umsetzung nicht überzeugt: "Diese Bildschirme, die sind auf Webers Mist gewachsen. Ich hätte das nicht so gemacht. Heute wird ja alles medial aufgemotzt. Es ist ganz nett, aber braucht man nicht unbedingt. Aber die große Frage ist natürlich, wie nimmt das Publikum das wahr."
    Die Resonanz ist positiv. Aber hinter den Kulissen hat es oft gekriselt, unter anderem auch zwischen den Geschlechtern. Helmut Gogarten, ein väterlicher Typ, sagt, was die Teamarbeit für ihn bedeutet hat: "Wichtig ist wirklich Respekt. Also wenn man Respekt vor Frauen hat, dann kann man auch gut mit denen arbeiten."
    Nassrin Sadeghi ist Volontärin im Museum und erst ein Jahr später zum Projekt dazu gekommen. Sadeghi sagt, dass damals schon viele Kämpfe ausgefochten waren. Seit sie da war, hätten vor allem äußere Rahmenbedingungen wie Platz, Geld und Zeit das Team zusammengeschweißt. Bei solchen Entscheidungen sei es hilfreich gewesen, Regine Meldt als Projektleiterin und Museumsverantwortliche im Team zu haben: "Ich hab dann natürlich immer wieder versucht, das Team zusammen zu bringen und zu sagen: Ey, jetzt schauen wir mal wieder von oben drauf. Man musste halt auch und das ist natürlich teilweise schwergefallen: loslassen und Kompromisse eingehen."
    "Ich freue mich auf die nächste Ausstellung mit dem Team"
    Nach der Eröffnung gehen die Fünf wieder getrennte Wege. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge, sagt Kuratorin Katja Weber: "Herr Grübling hat neulich erzählt, als er uns das letzte Mal seine kopierten Zeitungsartikel mitbrachte, das seien die Letzten. Dann dachte ich: Das kann doch nicht sein, er bringt mir keine Zeitungsartikel mehr mit."
    Noch beim Abschied sagt Grübling: "Ich freu mich auf die nächste Ausstellung mit diesem Team..." "Stimmt, könnte man weiterarbeiten."