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Prokon
Insolvenz oder Genossenschaft

Am insolventen Windpark-Betreiber Prokon hatte zuletzt EnBW Interesse gezeigt. Doch gegen die Kauf-Pläne regt sich Widerstand: Der Verein "Freunde von Prokon" will das Unternehmen weiter als Genossenschaft betreiben. Endgültig darüber abgestimmt wird auf der Gläubigerversammlung am 2. Juli.

Von Dietrich Mohaupt | 08.06.2015
    Schild der Prokon Unternehmensgruppe
    Wie es mit Prokon weitergeht, ist ungewiss. (dpa/picture alliance/Carsten Rehder)
    Sie verloren sich fast ein wenig im großen Hörsaal der Universität Kiel - gut zwei Dutzend Anleger waren der Einladung des Vereins "Freunde von Prokon" gefolgt und lauschten interessiert den Ausführungen von Christoph Abraham, der für den Verein die Werbetrommel in Sachen Genossenschaft rührte - und dabei vor allem auf Emotionen, auf die ursprüngliche Idee von Prokon setzte.
    "Die ersten Ideen - der eigentliche Spirit ist in der Windenergie entstanden, und das ist auch das, worauf man jetzt gerade sich ja wieder geeinigt hat, dass das wieder der Kernbereich des Unternehmens wird - wir können weitermachen."
    Der Verein vertritt rund 10.500 der insgesamt etwa 75.000 Prokon-Anleger - bei einer Umfrage habe sich eine klare Mehrheit der Vereinsmitglieder dafür ausgesprochen, Prokon als Genossenschaft am Leben zu erhalten, erläutert Abraham.
    "Sehr, sehr viele von den Leuten sind sehr engagiert und wollen mit ihrer ehemaligen Einlage jetzt in die Genossenschaft gehen, möchten im Prinzip eine Anleihe erhalten, die sie ab 2016 an der Börse auch wieder einlösen können. Der Genossenschaftsanteil, der hat natürlich eine gewisse Haltefrist - aber das muss dann jeder für sich selber entscheiden, ob er diese Haltefrist eben mit eingehen kann."
    Die "Idee Prokon" finanzieren
    Immerhin steckt in diesem Modell die Chance, knapp 59 Prozent der Einlagen zu retten - bei einer Übernahme durch EnBW liegt diese sogenannte Insolvenzquote bei gut 52 Prozent. Dafür verspricht der Energiekonzern auch eine - so wörtlich - "zeitnahe und risikofreie Einmalzahlung entsprechend der Barauszahlungsquote". Gar nicht so einfach, da eine Entscheidung zu treffen - schließlich wollten viele, wie zum Beispiel Harald Nissen aus der Nähe von Kiel, mit ihrem Geld auch die "Idee Prokon", also ein von Großkonzernen und Banken unabhängiges Unternehmen als Vorreiter der Energiewende finanzieren. Am Ende geht es aber auch ihm ums liebe Geld:
    "Ich habe ja doch eine mittelgroße Summe in diese Idee gesteckt und muss jetzt eben überlegen, ob ich mich mit der Hälfte abfinden werde oder doch versuchen werde, über die Genossenschaft vielleicht einen kleinen Gewinn zu machen."
    Viele Anleger zögern noch - andere haben sich bereits festgelegt:
    "Ich habe das Geld eigentlich für's Alter angelegt und deshalb möchte ich eigentlich jetzt von der Sache her raus und retten, was zu retten ist."
    "Ich nehme schon den Genossenschaftsweg - da bin ich schon von überzeugt, dass das der bessere ist."
    Der Wahlkampf um die Stimmen der Anleger bei der entscheidenden Gläubigerversammlung am 2. Juli in Hamburg läuft auf Hochtouren - Ausgang ungewiss. Fakt ist, so Michael Herte von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein: Wer sein ursprüngliches Engagement bei Prokon als reine Geldanlage betrachtet habe und auf eine planbare Rückzahlung setze, der sollte nicht für die Genossenschaft stimmen. Wer dagegen ein unternehmerisches Risiko nicht scheue und an eine wirtschaftliche Zukunft des neuen Prokon glaube, der könne dafür stimmen.