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Promovieren lernen

Doktoranden sollen künftig in Graduiertenschulen besser betreut werden - das ist ein Ziel der Exzellenzinitiative der Bundesregierung. Für den Exzellenzwettbewerb haben Universitäten 200 Konzepte eingereicht, drei davon die Universität Göttingen. Dort sollen künftig alle 2000 Doktoranden in den Naturwissenschaften, in den Geistes- und in den Sozialwissenschaften in drei Graduiertenschulen besser betreut werden.

Von Elke Drewes | 12.09.2005
    Benedict Frank hat sein Grundstudium in Cambridge absolviert. Vor einem Jahr hat er sich in Göttingen beworben - beim Zentrum für Molekulare Biowissenschaften. Dort erforscht der 22-Jährige, wie Eiweiße funktionieren und wie kaputte Eiweiße Krebs auslösen. Wegen seiner hervorragenden Leistungen kann er die Masterarbeit überspringen und gleich mit der Promotion beginnen.

    " Vom ersten Tag an ist man zusammen mit Leuten aus sieben oder zehn Nationen. Das ganze bekommt dann einen internationalen Charakter und ich finde das auch für die Forschung und für die Bildung eines Menschen sehr wichtig. Forschung basiert auf Teamarbeit, internationaler Teamarbeit. Jemand, der für sich alleine forscht, der kommt nicht weit. "

    In einem aufwendigen Auswahlverfahren werden von 600 Bewerbungen weltweit die besten 20 Kandidaten ermittelt. Für die 20 Studierenden, die es geschafft haben, sind die Bedingungen luxuriös: auf 20 Nachwuchsforscher kommen 40 Dozenten – Naturwissenschaftler und Mediziner von der Uni und Wissenschaftler zweier Max-Planck-Institute. Hinzu kommen noch Forscher des Deutschen Primatenzentrums. Die fächer- und fakultätsübergreifende Forschung steht im Mittelpunkt.

    " Man hat Leute aus anderen Fachbereichen, die eine andere Sichtweise haben, an das Problem heranzugehen, was die Forschung voranbringt. Zum anderen hat man noch andere Doktoranden aus dem Programm: Durch das soziale Netzwerk blickt man eher über den eigenen Suppentellerrand hinaus. "

    Durch diese neuen Einblicke hat Strukturbiologe Ralf Jauch das Thema für seine Doktorarbeit gefunden. Nächste Woche reicht der 28-Jährige seine Dissertation ein. Neben der intensiven Kleingruppenarbeit findet er vor allem die Betreuung durch ein dreiköpfiges Professoren-Team sehr hilfreich.

    " Dass neben dem eigentlichen Doktorvater, dem man ja sonst auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist, hier ein Betreuungsteam besteht, also auch externe Gutachter von Anfang an die Promotion mitbetreuen. Die trifft man dann einmal im halben Jahr oder einmal im Jahr, hält einen Vortrag und bespricht, wie es strategisch weitergehen soll, dass man dann wirklich nach drei Jahren fertig wird. "

    Im Durchschnitt dauert eine Promotion in Geistes- und Naturwissenschaften ein gutes Jahr länger. Die Graduiertenschule soll aber nicht nur die Promotionsdauer verkürzen. Die Doktoranden sollen auch Fähigkeiten erwerben, die über ihr Fach hinausgehen.

    " Es gibt so genannte Credits, die ein Doktorand erreichen muss. Die bekommt man durch Aktivitäten, das können Teilnahme sein an internationalen Tagungen, aber auch ganz wichtig: Wir müssen lehren - in einem überschaubaren Maß: Tutorien betreuen und für die Jüngeren Stoffe aus den Vorlesungen vertiefen. "

    Mit eben dieser neuen Art des Promovierens will die Uni Göttingen beim Exzellenzwettbewerb der Universitäten punkten. Der Vizepräsident der Universität Göttingen, Rainer Kree hat die neuen Strukturen mit aufgebaut.

    " Vorher konnte man alles aus Eigeninitiative machen. Jetzt wird es nicht nur vorgeschrieben, sondern auch bereitgestellt. Und es wird mehr Hilfestellung gegeben. Wenn ein Naturwissenschaftler Grundkenntnisse in BWL erwerben will, wo geht er dann hin? Solche Angebot aufzubauen, ist auch Teil von Graduiertenschulen. "

    Eine intensivere Betreuung durch drei Professoren, strukturierte Promotionsprogramme, die Erfahrungen in der Lehre bieten und viele Kontakte - was bei den Naturwissenschaftlern am Göttinger Zentrum für Molekulare Biowissenschaften schon vorbildlich funktioniert, das soll auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften umgesetzt werden. Der Startschuss ist schon gefallen.

    " Wenn wir das Geld der Exzellenzinitiative bekommen, dann haben wir etwas mehr Geld und dann wird die Schule etwas besser. Was immer noch nicht heißt, dass sie einen Standard erreicht wie Harvard, da wird ein Vielfaches dieses Betrages in Graduiertenschulen gesteckt. "

    Für die Betreuung der insgesamt 2000 Doktoranden müsste die Universität eine Millionen Euro pro Jahr einwerben: bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst und beim Land Niedersachsen. Aber wenn das Geld aus dem Exzellenzinitiative nicht fließt – platzen dann die Blütenträume exzellenter Nachwuchsförderung? Vizepräsident Kree ist optimistisch: Auch wenn die Uni Göttingen im Exzellenzwettbewerb nicht gewinnen sollte, werde alles getan, um wie bisher über gute Konzepte und Promotionsprogramme Fördergelder einzuwerben und die Doktoranden in den neuen Schulen so gut wie möglich zu betreuen.