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Protest-Austritt
Erika Steinbach verlässt die CDU

Über 40 Jahre lang war sie in der CDU - jetzt verlässt Erika Steinbach die Partei voller Zorn. Wegen der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung hält Steinbach ihre Partei für nicht mehr wählbar. Ihr Bundestagsmandat will sie aber erstmal behalten.

14.01.2017
    Erika Steinbach (CDU), Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
    Erika Steinbach hat ihren Austritt aus der CDU angekündigt (picture alliance/dpa/Bernd Von Jutrczenka)
    Würde sie aktuell noch die CDU wählen? Oder heutzutage in die Partei eintreten? Beide Fragen stellt Erika Steinbach in der Zeitung "Welt am Sonntag" selbst - und beantwortet sie mit einem klaren Nein. "Daraus kann ich nur die Schlußfolgerung ziehen, die CDU zu verlassen", wird Steinbach zitiert. Der Austritt soll noch an diesem Wochenende erfolgen. Nachtrag: Inzwischen gibt es eine persönliche Erklärung Steinbachs. Daraus geht hervor, dass Steinbach auch die Unionsbundestagsfraktion verlassen will.
    Der BILD-Zeitung (Montag) sagte Steinbach, dass sie ihr Bundestagsmandat nicht niederlegen wolle. Sie sei in ihrem Wahlkreis direkt gewählt worden und werde die Menschen dort bis zum Ende der Legislaturperiode auch vertreten. Einer anderen Partei will sie nach eigenen Worten nicht beitreten.
    Laute Kritik an Merkel
    Mit CDU-Chefin Angela Merkel geht Steinbach hart ins Gericht. Mit der Grenzöffnung im Herbst 2015 habe die Kanzlerin gegen geltendes Recht verstoßen, sagte Steinbach im Interview mit der Welt am Sonntag: "Dass monatelang Menschen unidentifiziert mit Bussen und Zügen über die Grenze geschafft wurden, war keine Ausnahme, sondern eine gewollte Maßnahme entgegen unserer gesetzlichen Regelungen und entgegen EU-Verträgen."
    Der Bundesregierung unterstellte die Frankfurter Bundestagsabgeordnete auch, absichtlich illegale Einwanderung zu fördern. Beim zuständigen Bundesamt seien tausende Pässen als gefälscht identifiziert worden, ohne dass rechtliche Konsequenzen für die Migranten gezogen wären. Steinbachs Vermtung: "Ein solches Ignorieren unseres Rechts wagt keine Bundesbehörde auf eigene Verantwortung. Da steht ein politischer Wille dahinter. Am Recht vorbei."
    Der CDU warf Steinbach vor, sich einem linken Zeitgeist angepasst und damit ihr konservatives Alleinstellungsmerkmal aufgegeben zu haben. Deshalb sei die AfD entstanden - sie greife Themen auf, die in den vergangenen Jahren defizität geworden seien. Eintreten in die Partei will Steinbach der Zeitung zufolge aber vorerst nicht. Sie hoffe allerdings, dass die AfD in den Bundestag einziehe "damit es dort endlich wieder eine Opposition gibt".
    Sprecherin für Menschenrechte
    Steinbach war bislang Sprecherin für Menschenrechte ihrer Fraktion gewesen und hat dem Fraktionsvorstand sowie dem CDU-Bundesvorstand angehört. Sie vertrat seit 1990 den Wahlkreis Frankfurt am Main II im Bundestag.
    Die CDU-Spitze hüllt sich bisher in Schweigen, was Steinbachs Rückritt angeht, wie unsere Korrespondentin Sabine Müller berichtet. Anders der hessische CDU-Landesverband: Für ihn war der angekündigten Parteiaustritt absehbar: "Es wäre konsequent, wenn sie nun auch ihr Bundestagsmandat niederlegt, das sie über die CDU geholt und der Partei zu verdanken hat", sagte Generalsekretär Manfred Pentz in Wiesbaden.
    Aus der CDU kamen aber auch Stimmen der Erleichterung:
    Von der AfD gab es prompt Lob für Steinbachs Entscheidung:
    In der SPD wird der Austritt anders gedeutet:
    Die Linke gibt sich wenig überrascht:
    (rm/fwa/tzi)