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Protest gegen Trump
Die Schweinezüchterin mit dem islamischen Kopftuch

Als US-Präsident Donald Trump seine Visa-Sperre gegen sieben mehrheitlich muslimische Länder aussprach, wurde an vielen amerikanischen Flughäfen demonstriert. Auch Lee Holman will ihre Solidarität zum Ausdruck bringen. Aber statt zum Protestschild greift die Schweinebäuerin zum islamischen Kopftuch.

Von Sonja Beeker | 09.03.2017
    Lee Holman mit Tieren auf ihrer Farm. Sie trägt ein buntes Kopftuch, hält eine Schüssel mit Futter in der einen Hand und streichelt ein Schwein
    Schweinezüchterin Lee Holman trägt Kopftuch - als Protest gegen die Einwanderungspolitik von Donald Trump (Sonja Beeker/Deutschlandfunk)
    Lee Holman steigt mit ihren schweren Winterstiefeln über einen Elektrozaun zu ihren Schweinen. Ein paar Hühner klettern unterm Zaun hindurch - in der Hoffnung, dass auch für sie ein paar Maiskörner abfallen. Es ist kalt. Es regnet. Lees Kopftuch, pink, schwarz, grün und weiß, fällt kaum auf bei dem Wetter. Erst zurück im Haus, in ihrer warmen Küche, in der ein Holzofen bullert, wirkt ihr Kopftuch und die Art, wie sie es gewickelt hat, auf einmal fehl am Platz.
    "Ich hab im tiefen Winter angefangen, Hijab zu tragen. Und wenn es so richtig kalt ist, dann ist so ein Kopftuch ein Segen. Aber, wenn es sein muss, dann werde ich es auch im Hochsommer tragen!"
    Die 61-Jährige ist gebürtige Amerikanerin, lebt seit 30 Jahren auf ihrem Bauernhof in Maines Hinterland - dort, wo Trump seine Anhänger hat.
    "Das ist nicht mein Amerika"
    Sie ist weiß, hat weder eine doppelte Staatsbürgerschaft noch muslimische Verwandte oder Freunde. Aber als sie von Donald Trumps Visa-Sperre hörte, wusste sie, dass sie etwas tun musste.
    "Pressesprecher Spicer behauptet, es sei keine Sperre, aber Donald Trump sagt es doch selber, er will ein Einreiseverbot für Muslime. Und das ist nicht mein Amerika."
    Die Bäuerin will ihren Unmut kundtun, fährt aber nicht zum Protestieren zum nächsten Flughafen - sondern dorthin, wo sie geboren ist, in die Kleinstadt Lewiston. In dem einst rein katholischen Ort leben heute über 5.000 muslimische Flüchtlinge aus Somalia.
    "Ich bin umgeben von überzeugten Trump-Wählern"
    In Lewistons Hauptstraße, von Einheimischen auch "Little Mogadishu" genannt, kauft sie ein Kopftuch und lässt sich von der 17-jährigen Najna Aliamin zeigen, wie man es anlegt. Die somalischen Kundinnen im Geschäft sind begeistert. "Da war ein Gefühl von Gemeinschaft in der Luft", sagt Lee, besonders, als sie ihnen erklärt, warum sie von nun an Hijab tragen wolle.
    "Ich hab ihnen gesagt, dass ich Amerikanerin bin, aufgewachsen hier in Lewiston, und dass ich keine Muslimin bin und dass ich sie mit meinem Kopftuch hoffentlich nicht beleidige. Aber das war überhaupt nicht der Fall. Sie haben die Solidarität gespürt - und genau das wollte ich erreichen."
    Leute wie Lee, sagt die 17-jährige Najna, helfen uns. Sie ist als Zehnjährige aus einem Flüchtlingslager in Kenia in die USA eingereist.
    "Die Nachrichten im Fernsehen sind voll von Schreckensnachrichten über Muslime: ISIS! Terrorismus! - Wir versuchen den Menschen zu zeigen, wer wir wirklich sind, damit sie uns nicht alle in einen Topf werfen."
    Kritik auf von Feministinnen
    Zurück auf ihrer Farm im ländlichen Hartford, einem 1.000- Seelendorf, war man weniger begeistert. Lee ist Gemeinderatsvorsitzende und kennt die Einstellungen ihrer Nachbarn nur zu gut. Dennoch entschied sie sich, ihr frisch erstandenes Kopftuch zur nächsten Sitzung zu tragen.
    "Ich bin umgeben von überzeugten Trump-Wählern. Es war schon hart. Aber bei der Sitzung hat nur ein einziger Kerl was gesagt. Gleich als ich reinkam, meinte er: 'Oh, da hat wohl jemand was gegen das Einreiseverbot'. Ich hab nur genickt und gemeint: 'Tja, jedem das Seine.'"
    Doch nicht nur Trump-Unterstützer stören sich an ihrer Aktion. Auch bei einigen Feministinnen kommt Lees Solidaritätsbekundung nicht gut an.
    "Ich hab doch keine Burka getragen!"
    Sie sehen im Kopftuch ein Symbol für die Unterdrückung der Frau. Diese Kritik hat Lee Holman besonders amüsiert. Mit ihren 61 Jahren kann ihr so was nichts mehr anhaben.
    "Ich hab doch keine Burka getragen! Ich hab mein Gesicht nicht versteckt. Ich hab es umrahmt mit einem Tuch. Mich hat niemand gezwungen. Ich hab es nicht aus religiösen Gründen getragen. Ich bin keine Muslimin. Ich bin Schweinebäuerin!"