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Malediven
Machtkampf im Paradies

Mit den Malediven verbinden viele vor allem Palmen, perfekten Strand und Luxusurlaub. Die politische Lage auf den Inseln im Indischen Ozean ist jedoch alles andere als paradiesisch. Die meisten Oppositionsführer sind im Gefängnis oder im Exil, öffentliche Proteste werden streng überwacht, die Gesellschaft radikalisiert sich. Die meisten Touristen bekommen davon kaum etwas mit.

Von Sandra Petersmann | 09.03.2016
    Palmenstrand auf einer Urlaubsinsel der Malediven des Ari Atolls, aufgenommen am 18.04.2014. Der Inselstaat Malediven liegt im indischen Ozean und besteht aus mehreren Atollen und mehr als 1.100 Inseln.
    Der Inselstaat Malediven liegt im indischen Ozean und besteht aus mehreren Atollen und mehr als 1.100 Inseln. (picture-alliance / dpa / Bernd Weißbrod)
    Mutter und Tochter aus Deutschland sind verzückt. Ein Urlaub auf den Malediven stand schon lange oben auf der Wunschliste.
    "Ich habe meiner Freundin geschrieben: Ich bin im Paradies. Und das Paradies heißt Malediven. Du hast das Gefühl, du bist in einem riesigen Aquarium. So viele Fische. So bunt. Diese Farben."
    Einheimische haben die beiden in ihrem abgeschotteten Urlaubsresort nicht getroffen. Das Hotelpersonal kam überwiegen aus Sri Lanka und Indien. Dass auf den Malediven ein politischer Machtkampf tobt, können Mutter und Tochter kaum glauben.
    "Wir haben gar nichts mitgekriegt. Nur Fische. Moränen! Haie! Und Babyrochen. Du stehst nur und staunst."
    Frei gewählt – danach in Haft
    Mohammed Nasheed, der Kopf der Demokratiebewegung von 2008 und erste frei gewählte Präsident der Malediven ist ein verurteilter Mann. Er schied im Februar 2012 unter zweifelhaften Umständen aus dem Amt. Teile der Sicherheitskräfte hatten gemeutert. Ein Jahr später verlor er eine umstrittene Wahl. Er lag damals vorne, doch der Oberste Gerichtshof ließ zwei Wahlrunden annullieren. Vor einem Jahr dann wurde Mohammed Nasheed zu 13 Jahren Haft verurteilt. Er soll die Verfassung gebrochen haben.
    "Im Gefängnis versuchst du zuerst, eine Stunde durchzuhalten. Dann 24 Stunden. Dann siebenTage. Dann einen Monat. Und dann ein Jahr. Du bist in einem Netz gefangen. Und je mehr du dich wehrst, desto mehr verstrickst du dich."
    Das Gefängnis in der Hauptstadt Malé
    Das Gefängnis in der Hauptstadt Malé (ARD / Sandra Petersmann)
    Nasheed kennt das Gefühl. Während der 30-jährigen Alleinherrschaft von Maumoon Gayoom saß er mehrfach im Gefängnis. Weitgehend unbemerkt. Heute hat er mit der britischen Menschenrechtlerin Amal Clooney eine Anwältin mit Promi-Faktor.
    "Die Demokratie ist tot auf den Malediven. Es können keine Wahlen stattfinden. Alle Oppositionsführer sitzen in Haft oder auf der Anklagebank."
    Seit November 2013 werden die Malediven von Präsident Abdulla Yameen regiert. Er ist der Halbbruder des langjährigen Machthabers Gayoom. Ein junger Mitarbeiter der Präsidentenpartei lässt keinen Zweifel daran, wer das Sagen hat. Über seinem Schreibtisch hängt ein Gayoom-Porträt.
    "Wir stehen für die Werte von Präsident Gayoom. Bei uns steht bis heute die Nation im Mittelpunkt – und nicht das Wohlergehen eines Mannes. Die Nation zuerst."
    "Das ist schlimmer als die alte Diktatur"
    Das sehen Regierungsgegner wie Shidhatha Shareef anders. Sie gehört zu einer Oppositionspartei, deren Vorsitzender gerade erst zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist.
    "Das ist schlimmer als die alte Diktatur. Wir haben seit 2008 eine neue Verfassung mit Gewaltenteilung. Dagegen zu verstoßen und die Macht zu konzentrieren wie es der Präsident mit der Justiz und dem Parlament macht, schadet unserer Zukunft. Wir sind in einer bitteren Lage."
    Die Bevölkerung zieht sich immer mehr ins Private zurück. Die religiöse Radikalisierung nimmt zu. Auch aus den muslimischen Malediven reisen Kämpfer zum selbst ernannten Islamischen Staat nach Syrien und in den Irak. Es gibt Korruptionsvorwürfe gegen die politische Elite der Malediven. Schwarzgeld soll organisiert gewaschen worden sein. Um den wachsenden internationalen Druck zu mildern, ließ die maledivische Regierung Mohammed Nasheed im Januar nach London ausreisen.
    Kampagne für Ex-Präsident Nasheed in Malé
    Kampagne für Ex-Präsident Nasheed in Malé (ARD / Sandra Petersmann)
    Aus dem Exil fordert er seitdem gezielte Sanktionen gegen die Malediven. Die Mächtigen sollen mit einem Reiseverbote und eingefrorenen Konten bestraft werden, bis alle politischen Häftlinge befreit seien. Außenministerin Dunya Maumoon, die Tochter des Ex-Diktators, wirbt um Vertrauen. Ihre Regierung sorgt sich um ihre wichtigste Einnahmequelle.
    "Sanktionen schaden unserem Image und unserem Tourismus. Sie schaden allen Maledivern. Ich bitte um Unterstützung für unsere demokratisch gewählte Regierung. Nasheed versucht, seine Geschichte zu verkaufen, um seiner Strafe zu entkommen. Bei uns steht niemand über dem Gesetz, auch Ex-Präsidenten nicht. Wir bitten den Rest der Welt, unsere Souveränität zu respektieren."
    Pro Jahr besuchen über eine Million Menschen die Malediven, davon rund 100.000 aus Deutschland. Damit belegen die Deutschen Platz 2 hinter den Chinesen, gefolgt von Russen und Briten.