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Proteste gegen AfD
Konfetti statt Steine

Alice Weidel und Alexander Gauland werden die AfD als Spitzenteam in den Wahlkampf führen - so hat es die Partei am Wochenende in Köln beschlossen. Seit Wochen hatten unterschiedliche Bündnisse zum Protest gegen den Parteitag im Hotel-Maritim aufgerufen. Eine Bilanz der Demonstrationen und von den Fluren des Parteitags.

Von Mirjam Kid | 24.04.2017
    Teilnehmer ziehen in Köln bei einer Demosntration gegen den AfD-Bundesparteitag durch die Stadt.
    Proteste gegen Bundesparteitag der AfD (dpa)
    Von den Häuserfassaden hängen Transparente wie "Kein Kölsch für Nazis" und "Wir lieben Vielfalt". Sprechchöre, Reden und Musik ertönen aus allen Ecken des Kölner Heumarkts und bunte Protest-Schilder wehen im Wind. Mehr als 10.000 Menschen sind am Wochenende in Köln auf die Straße gegangen, um gegen den Bundesparteitag der AfD zu protestieren.
    "Ich find es ist irgendwie auch eine Aufgabe unserer Generation zu sagen, dass wir dagegen sind. Weil wir haben ja gesehen, wo das hin führt, wenn man es ignoriert."
    Parteitag in Köln "extrem dreist"
    Eine Frau mit einem lila Transparent in der Hand sagt sie sei heute hier, weil…
    "…ich es einfach extrem dreist finde, dass so eine rassistische Partei wie die AfD auf die Idee gekommen in Köln ihren Bundesparteitag abzuhalten. AfD ist für mich eine rassistische und eine neonazistische Partei und deswegen bin ich heute hier."
    Eine Reihe von Frauen hat sich an den Händen gefasst und als Zeichen ihres Protests eine Menschenkette gebildet, rund um die große Veranstaltungsbühne auf dem Platz – sie gehören zu dem Bündnis "Frauen in bunt".
    "Ich teile völlig die Aussage, dass es viele Gründe gibt, gegen die AfD zu protestieren, aber Frauen haben definitiv einen mehr. Weil die Rückkehr zu einem Frauenbild, wo wir die Änderungen erkämpft haben, will ich auf gar keinen Fall haben."
    Demonstranten versuchen Blockaden
    Ein paar Meter weiter werfen zwei Frauen in Karnevalskostümen mit Konfetti.
    "Wir werden uns jetzt gleich irgendeiner Blockade anschließen. Und wenn es aggressiv wird, dann werden wir Konfetti schmeißen."
    Eine der Blockaden findet etwa 200 Meter weiter statt - auf einer abzweigenden Straße die direkt zum Parteitag führt. Bereits Wochen im Voraus hatte es Blockade-Trainings und Übungen zum zivilen Ungehorsam gegeben.
    Die etwa 50 Männer und Frauen teils in schwarz, teils bunt gekleidet, drängen sich dicht aneinander der, um AfD-Mitgliedern den Weg zum Veranstaltungsort im Hotel-Maritim zu versperren. Um den Delegierten den Weg frei zu räumen, greift die Polizei ein – in einigen Fällen mit zu harten Maßnahmen, wie eine Demonstrantin beklagt:
    "Wir sind jetzt ungefähr seit einer Dreiviertelstunde hier. Es gab relativ schnell Tränengaseinsatz, es wurde, soweit ich es sehen konnte auch geschlagen, es kamen Pferde, zwei Leute haben viel Tränengas abbekommen, mussten von den Sanitätern versorgt werden."
    Innerparteiliche Kämpfe im Tagungshotel
    Direkt hinter der Blockade liegt, von der Polizei hermetisch abgeriegelt, das Hotel-Maritim. Die dort tagenden AfD-Delegierten kriegen von den Protesten womöglich am wenigsten mit –nur wer im Hotel seinen Blick vom Innenraum löst und links durch die verglaste Fassade des Maritim nach draußen blickt, sieht, etwa hundert Meter entfernt, die bunten Transparente.
    Einige aus der Partei hatten bereits im Tagungshotel übernachtet, um den Demonstrationen und Blockaden aus dem Weg zu gehen. So findet auch die Klage von draußen, die AfD positioniere sich im rechten Spektrum, drinnen wenig Gehör.
    Über das Partei-Ausschlussverfahren gegen Björn Höcke wurde nicht einmal abgestimmt, es wurde mit mehrheitlicher Zustimmung von der Tagesordnung gestrichen.
    Genauso erging es dem Antrag von Frauke Petry, der einen realpolitischen und weniger nach rechts außen steuernden Kurs der Partei voranbringen sollte. Ein Problem für den anstehenden Wahlkampf in NRW? Nein meint Marcus Pretzell, NRW-Landesvorsitzender der AfD:
    "Ich glaube nicht, dass das einen ganz wesentlichen Einfluss haben wird."
    Zumal man von einer nicht vorhandenen Abgrenzung nach rechts auch gar nicht sprechen könne:
    "Eine nicht vorhandene Abgrenzung, das wäre gewesen, wenn der Antrag Björn Höcke nicht aus der Partei auszuschließen, behandelt worden wäre und vielleicht auch positiv abgestimmt worden wäre, genau das ist ja nicht passiert."
    Und weil eben auch das, nämlich der Antrag für einen Verbleib Höckes in der Partei, von der Tagesordnung gestrichen wurde, gäbe es eine mangelnde Abgrenzung nicht.
    "Insofern kann ich ihrer Lesart an der Stelle nicht ganz folgen", erklärt Pretzell.
    AfD sieht sich selbst als demokratisch und tolerant
    Auch Wilhelm Geraedts aus dem Kölner AfD-Vorstand sieht hier keine Probleme:
    "Denn hier ist ganz klar zu sehen, dass in dieser Partei demokratisch gearbeitet wird."
    Zu den Protesten vor den Toren des Maritim erklärt er:
    "Natürlich ist damit zu rechnen, dass gerade in Köln, Menschen einen Teil der Realität ausblenden und mit dem Rest, den sie dann sehen, entsprechend aktiv werden und meinen, das auch nach außen transportieren zu müssen. Das ist denen nicht einmal zu verwehren, damit habe ich auch überhaupt kein Problem."
    "Ist das in Köln öfter so?"
    "Es scheint so etwas wie eine Tradition zu haben."
    Mit machtpolitischen Zerwürfnissen, der Festlegung auf Alexander Gauland und Alice Weidel als Spitzenteam und der Verabschiedung des Wahlprogramms endet der Kölner Parteitag.
    Draußen scheint mittlerweile die Sonne, ein paar Polizistinnen machen zur Erinnerung noch ein Gruppenfoto. Der Sprecher des Bündnisses Köln gegen Rechts, Reiner Schmidt, zieht zufrieden Bilanz:
    "Der Protest in Köln war schon für einen Bundesparteitag der AfD bisher der Größte, der stattgefunden hat. Da können wir auch in Köln richtig stolz drauf sein."