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Proteste im Saarland
Streit um Salafisten-Moschee

Sulzbach im Saarland ist ein beschauliches Städtchen mit einer historischen Altstadt. Jetzt soll ein altes Postgebäude zu einer Moschee umgebaut werden. Das sorgt bei einigen Bewohnern für Unbehagen. Denn hinter dem Bauvorhaben steckt eine Gruppe erzkonservativer Salafisten.

24.07.2017
    Das Minarett einer Moschee vor blauem Himmel
    Wird in Sulzbach bald die alte Post zur Moschee? (Deutschlandradio / Ellen Wilke)
    Für Bernd Schlachter, den Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler in Sulzbach, ist die Situation ungewohnt. Ausgestattet mit einer lärmenden Mikrofonanlage steht er vor etwa 100 Zuhörern auf dem Ravanusa–Platz, dem zentralen Ort des Städtchens. Er ergreift Partei gegen den geplanten Umbau der alten Post zu einer Moschee, die der Sulzbacher Stadtrat und die zuständige Baubehörde bereits durchgewinkt haben. Aber einer, so Schlachter, müsse es halt machen. "Es ist immer schwierig, Leute zu finden, die bereit sind, in die erste Reihe gehen."
    Schlachter ist überzeugt, dass die Ausbaupläne den Nachbarschaftsfrieden stören. Bislang hatte sich gegen die MGS, die Muslimische Gemeinde Saarland, keinerlei Unmut geregt. Zwar hat sich die MGS immer zum Salafismus, der konservativsten aller Strömungen im Islam bekannt, aber die Gemeinde sei zahlenmäßig überschaubar gewesen.
    "Die Problematik liegt darin, dass das jetzt eine kleine Moschee ist und dass daraus eine große Moschee wird", sagt Schlachter.
    Wir fragen Passanten nach ihrer Meining - viele Menschen in der Stadt sind verunsichert: "Weil die Politik geschlafen hat. Das heißt nicht, dass sie nicht Moscheen bauen dürfen, nur Salafisten, da bin ich dagegen. Die sind da, im Klein–Klein, aber was wir hier zu erwarten haben mit 195 Plätzen so steht es im Bauantrag, da ist also mit jeder Menge Aufkommen zu rechnen, da wollen wir vorbeugen. Wir haben Angst, Panik, Abscheu und Ekel, wenn ich diese Männer sehe mit den Bärten. Die sind arrogant, unhöflich und alles und so sind die Frauen auch. Wir haben nichts gegen eine Moschee, aber was die hier vorhaben an der alten Post, das macht mir Angst."
    "Ich sehe mich als volles Teil der Gesellschaft"
    800 Quadratmeter Fläche stehen im alten Postgebäude für ein islamisches Zentrum zur Verfügung. 600.000 Euro veranschlagt die muslimische Gemeinde für Kauf und Umbau. Und ein Blick in die aktuellen Räume der Moschee im Parterre eines heruntergekommenen Stadthauses offenbart, dass der Wunsch nach neuen Gebetsräumen kein Luxus ist, sondern notwendig. Der Vorsitzende, Burhan Yagci, zeigt sich daher von der Dynamik des Konfliktes überrascht.
    "Dieser Konflikt ist für uns eigentlich verblüffend gewesen, warum? Weil, wir sind seit 2010 hier in Sulzbach und sind eigentlich hier bekannt, sind auch bei der Stadt bekannt und sind im Dialog der Religionen auch vertreten. Von daher waren wir schon immer der Auffassung, dass wir hier angekommen sind und mit den Menschen hier leben. Ich sowieso als Person, die hier geboren und aufgewachsen ist. Ich sehe mich als volles Teil der Gesellschaft."
    Der 31-jährige Vorsitzende trägt eine Reihe äußerer Zeichen seiner Zugehörigkeit zur erzkonservativen islamischen Glaubensrichtung, verweigert den Handschlag und begründet dies mit seiner religiösen Überzeugung. Yagci weiß, dass die MGS und ihre etwa 60 Mitglieder vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Allerdings heißt es im letzten Lagebericht der Behörde, dass die Sulzbacher Salafisten nicht als Menschenfänger unterwegs seien. Das müssen sie vielleicht auch nicht, denn Sulzbach gilt aufgrund des dort lehrenden ägyptischen Imams, als Anziehungspunkt konservativ denkender Muslime - und das über die Landesgrenzen hinaus. Die Sulzbacher Bevölkerung fürchtet daher, dass der Postumbau diese Attraktivität noch steigern wird. Aber Burhan Yagci beschwichtigt. "Unser Imam hat natürlich viel Begeisterung, er hat auch viel Kritik, auch von muslimischer Seite, und er wandert sozusagen: Er wird eingeladen von anderen Gemeinden und Moscheen, dass er dort predigt. Edas ist das was realistisch ist, aber dass die Leute hier her kommen, das würde nicht funktionieren."
    Die Rechten schlagen Profit aus der Situation
    Auf dem Ravanusa-Platz haben unterdessen rechte Gruppen die Regie übernommen. Sie haben ebenfalls eine Demonstration gegen den Moscheebau angemeldet und sind besser organisiert als die Protest-Unerfahrenen Freien Wähler. Weil es den Rechten im Saarland ansonsten schwer fällt, zu mobilisieren, haben sie Verstärkung aus den neuen Ländern sowie den holländischen Pegida-Sprecher aufgeboten. Auch der saarländische NPD–Landesvorsitzende, Peter Marx, ist vor Ort: "Das kann man sich natürlich nicht entgehen lassen."
    Die Rechten wollen politisches Kapital aus dem Konflikt um die Moschee ziehen und tatsächlich wechseln im Verlauf der Kundgebung nicht wenige Zuhörer von der Seite der Freien Wähler ins Lager der Rechten.