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Protokoll einer Revolte mit wachsenden Opferzahlen

In Syrien geht das Regime gegen die Opposition mit brutaler Härte vor. Die Revolution lässt in Damaskus allerdings auf sich warten – noch liegen die Zentren des Protestes in der Peripherie. Nail Al Saidi war als Arabischstudent vor Ort.

Von Nail Al Saidi | 13.12.2011
    Damaskus an einem Tag im Mai. Hunderte von Demonstranten blockieren den Verkehr. Der Bus, in dem ich sitze, bleibt stecken. Aus dem Fenster sehe ich meist junge Teilnehmer einer Kundgebung. Viele tragen dunkelblaue Schuluniformen, in ihren Händen halten sie selbst gemachte Plakate und syrische Fahnen. Sie rufen: "Gott, Syrien, Bashar – und sonst gar nichts!" Sie haben schulfrei bekommen – stattdessen gibt es praktischen Staatskundeunterricht auf der Straße. Die Schüler marschieren durch die Hauptstadt des Löwen und huldigen dem Präsidenten: Bashar Al Assad. Der Löwe von Damaskus hat keine Angst.

    Ich studiere seit Sommer 2010 Arabisch in Damaskus. Als unabhängiger Journalist aus dem Ausland hätte ich nicht in Syrien bleiben dürfen – das Regime hat fast alle Journalisten des Landes verwiesen. So werde ich als Student – als Deutscher mit arabischem Namen – Augenzeuge der syrischen Revolution. Zwar haben auch viele Syrer nun keine Angst mehr. Aber ich will sie und mich nicht gefährden. Und so führe ich keine Interviews. Denn Bashar Al Assad kämpft wie ein Löwe.

    Assad: Das ist nur eines der zahlreichen arabischen Synonyme für "Löwe". Schon Bashars Vater Hafiz Al Assad wurde der "Löwe von Damaskus" genannt. Der Titel verleiht dem Familienclan der Assads den Ruf, unbesiegbar zu sein. Er schafft Respekt bei Gegnern im In- und Ausland. Und er steht längst auch für den bedingungslosen Machtanspruch des Assad-Clans. Schon 1982 hatte Hafiz Al Assad diesen Machtanspruch geltend gemacht, als er in Hama ein Massaker an den oppositionellen Moslembrüdern verüben ließ. Nach Schätzungen starben damals 20.000 Menschen. Die Opposition verstummte daraufhin fast 30 Jahre lang. Auch sein Sohn Bashar hält sich trotz aller Rücktrittsforderungen in Syrien hartnäckig an der Macht. Der Löwe hat sich ein ganzes Land als Beute genommen. Er will von ihr nicht lassen. Koste es, was es wolle.

    Mitte März dieses Jahres erreicht der arabische Frühling Syrien. Die Revolutionen in Tunesien und Ägypten haben auch in Damaskus tiefen Eindruck gemacht. Als auch in Libyen der Aufstand gegen Machthaber Gaddafi losbricht, beflügelt das die Opposition in Syrien.

    Auf die ersten kleineren Proteste in Damaskus reagieren die Sicherheitskräfte mit Verhaftungen und Prügel. Noch fallen keine Schüsse. Doch die Ereignisse in Syrien werden bald zum festen Bestandteil der Sendungen von Al Jazeera. Schon am 19. März meldet der arabische Fernsehsender:

    "Hunderte von Menschen demonstrierten unmittelbar nach dem Freitagsgebet in der Ummayaden-Moschee und durchbrachen das syrische Schweigen in Damaskus. Demonstranten, die vor und in der Moschee protestierten, wiederholten Rufe nach Freiheit und politischen Reformen im Land. Sie stießen verstärkt auf Sicherheitskräfte in Zivil, die die Demonstranten mit Gewalt auseinandertrieben. Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtet, dass zwei Personen festgenommen und zu einem unbekannten Ort gebracht worden sind. Nach Augenzeugenberichten verriegelten die Sicherheitskräfte die Tore der Moschee, um die Demonstranten unter Kontrolle zu halten."

    Als eigentlicher Auslöser der syrischen Revolution gelten die Ereignisse in Daraa, einer ländlich geprägten Stadt im Süden Syriens. Kinder im Alter von 13 bis 15 Jahren sprühen dort regimekritische Parolen an Hauswände, die sie im Fernsehen aufgeschnappt haben. Sie werden dafür verhaftet und gefoltert, ihnen werden unter anderem die Fingernägel herausgerissen. Die Wut der Bevölkerung entlädt sich auf der Straße. Nach 48 Jahren Ausnahmezustand und Ein-Parteien-Herrschaft demonstrieren am 18. März erstmals Tausende von Syrern in Daraa für Freiheit, Reformen und gegen Korruption. Sicherheitskräfte erschießen dabei fünf Demonstranten - die syrische Revolution ist entfacht. Jeder Trauerzug wird zum Protestmarsch, auf jeden Getöteten kommen mindestens zehn neue Aktivisten. Die gewaltsame Reaktion des syrischen Regimes treibt landesweit immer mehr Menschen auf die Straßen. Friedlich erheben sie ihre Stimme, rufen zunächst nach Menschenwürde, Freiheit und Demokratie. Syriens Präsident Bashar Al-Assad verspricht Reformen, setzt diese aber nur zögerlich oder gar nicht um. Gleichzeitig beginnt das syrische Militär mit der Abriegelung einzelner Städte. Die berüchtigte vierte Division der syrischen Armee eilt von Stadt zu Stadt und schlägt die friedlichen Proteste der Bevölkerung auf brutale Weise nieder:

    "Nach acht Wochen voller Proteste und Forderungen nach Freiheit in Syrien ist die Zahl der Getöteten nach Angaben von Aktivisten auf 850 gestiegen. Diese Zahl ist auch nach Meinung der Vereinten Nationen glaubwürdig."

    Menschenrechtler berichteten heute von vier toten Frauen in Marqeb in der Nähe von Benjas.

    Die Kleinstadt Benjas liegt an der syrischen Mittelmeerküste. Bei uns in Damaskus ist es zu Beginn der Unruhen verhältnismäßig still geblieben. Doch nachdem Anfang April das Militär die Stadt Deraa belagert und gegen protestierende Einwohner vorgeht, wird die Stimmung in der Hauptstadt immer bedrückender. Wegen der Nachrichten und Bilder, die von Al Jazeera oder You Tube in die Welt getragen werden und von immer mehr Toten und Festgenommenen berichten, erwarten die Menschen in Damaskus, dass sich die Proteste in Windeseile ausbreiten. Man rechnet mit einem Gewaltszenario: Scharfschützen, brennende Straßenzüge. Am folgenden Freitag sind die Erwartungen hoch, weil sich die Demonstranten zuerst zum Gebet treffen, um dann vor der Moschee zu demonstrieren. Die Furcht vor einem Gegenschlag des Regimes wächst. Es kommt zu Hamsterkäufen in den Bäckereien.

    Doch die Revolution lässt in der Hauptstadt auf sich warten – noch liegen die Zentren des Protestes in der Peripherie. Fast drei Millionen Menschen leben in Damaskus, wenn man die Randbezirke mit berücksichtigt. Die Mehrheit der hauptstädtischen Bevölkerung gehört der sunnitischen Richtung des Islam an: ungefähr 85 Prozent. Zehn Prozent der Damaszener sind hingegen Christen. Der Rest verteilt sich auf Minderheiten wie Drusen oder Alewiten. Fast alle bleiben zu Hause und verfolgen die Ereignisse an diesen Freitag vor den Fernsehgeräten.

    An diesem Freitag im März versuche ich, mit dem Linienbus die leer gefegte Millionenstadt zu erkunden. Das palästinensische Flüchtlingslager am Südrand von Damaskus ist der Ausgangspunkt. Doch auf dem Weg in die Innenstadt endet die Busfahrt abrupt im traditionellen Stadtteil Midan, wo hauptsächlich konservative Sunniten wohnen. Alle aussteigen! Die Polizei hat einen Platz, auf dem demonstriert wird, weiträumig abgesperrt. Ich laufe weiter in Richtung Altstadt. Sie ist der eigentliche Touristenmagnet in Damaskus: verwinkelte Gassen, weitläufige Basare, im Herzen die großartige Ummayaden-Moschee. Eine Woche zuvor haben hier die Gläubigen demonstriert. Jetzt stehen Bewacher in zivil vor den Toren. Mit dem nächsten Bus geht es weiter zum Stadtberg Qasiun; er begrenzt Damaskus im Norden. Auf halber Höhe: eine Aussichtsstraße mit Blick über die Stadt bis zum Wüstenrand im Süden. Der Gipfel ist Sperrgebiet: Hier liegen Militäranlagen. Am Fuße des Berges liegt Rukn Ad-Din, ein Stadtteil, der von syrischen Kurden dominiert wird. Später finden in seinen Gassen regelmäßig Proteste statt. Bis jetzt scheint aber alles ruhig zu sein. Und auch im Westen von Damaskus – nichts Neues. Die Schnellstraße in Richtung Libanon – ein Paradies für Spaziergänger. Sie durchkreuzt die Neubaugebiete, in der besonders treue Anhänger des Präsidenten leben: Moderne Hochhäuser und Villen stehen hier. Viele der Bewohner gehören zur Minderheit der Alewiten – Mitglieder einer schiitischen Sekte, zu der auch der Assad-Clan zählt. Erst kurz vor der Stadtgrenze im Westen ist Schluss mit meiner Ausflugsfahrt.

    Wer weiter in Richtung Libanon will, der muss zu Fuß zur nächsten Busstation laufen – vorbei an einer Spezialeinheit schwarz gekleideter Männer in Kampfmontur. Totschläger in der Hand. Passkontrolle - Damaskus ist abgeriegelt. So wird es auch an anderen Freitagen sein. Ich trete den Rückzug an in eine Hauptstadt, die sich vom Rest des Landes immer mehr isolieren wird.

    Nach Ausbruch der Revolte versucht sich das syrische Regime in einer Doppelstrategie. Einerseits signalisiert es Lockerung der Repressionen: Einige politische Häftlinge werden freigelassen. Das soziale Netzwerk Facebook wird vom Index genommen. Man beschließt das Ende des Ausnahmezustands und damit die Aufhebung der seit 48 Jahren geltenden Notstandsgesetze. Unter anderem hatten sie willkürliche Verhaftungen zum Schutze der Staatssicherheit ermöglicht.

    Doch an der Realität ändert das nichts. Im Gegenteil. Das Regime setzt alles daran, die Opposition zu zerschlagen. Die Behörden beginnen mit Massenverhaftungen. In den Augen des Regimes könnte jeder Moscheegänger ein potenzieller Regimekritiker sein. Wer in der Vergangenheit schon einmal wegen politischer Aktivitäten einsaß, wird jetzt erneut zur Einschüchterung für ein paar Tage in Haft genommen - mit Begründung oder auch ohne.

    Die Sicherheitskräfte gehen immer brutaler gegen die Opposition vor. Internetvideos zeigen, wie sie wahllos in die Menge der Demonstranten schießen. Staatsmedien verunglimpfen die Regimekritiker als Terroristen und Agenten des Auslands. Die Freiheit der syrischen Bevölkerung wird - trotz Aufhebung der Notstandsgesetze – so beschnitten wie nie zuvor. In Damaskus werden - wie im Rest des Landes - die Sicherheitsvorkehrungen immer weiter verschärft. Öffentliche Versammlungen werden nun stark überwacht oder gleich verboten.

    Mit der Aufhebung des Ausnahmezustands führt das syrische Regime im Frühjahr ein neues Demonstrationsrecht ein – jedoch unter strikten Auflagen. Wer protestieren will, muss die Veranstaltung etliche Tage vorher anmelden und zwar mit den persönlichen Daten aller Teilnehmer. Oppositionelle in Damaskus sehen darin den plumpen Versuch des Regimes, jeden Protest zur Straftat zu erklären. Wer aufseiten des Regimes steht, hat es leichter: Wer an einer, der von offizieller Seite organisierten Jubeldemonstrationen interessiert ist, bekommt die Einladung auf sein Handy geschickt. Mal wird die längste syrische Fahne der Welt eingeweiht. Ein anderes Mal wird zu einem patriotischen Konzert eingeladen – der Eintritt ist natürlich frei.

    "Syriatel lädt Sie ein zum Nationalfestival 'Gott schütze Syrien', das die Elite der syrischen Künstler um acht Uhr abends in der Zitadelle von Damaskus veranstaltet."

    Eine SMS des Unternehmens Syriatel - einer der beiden großen Mobilfunkanbieter im Land. Haupteigentümer ist Rami Makhlouf, Cousin von Präsident Bashar Al Assad. Makhlouf zählt zu den reichsten Männern im Land. Die "Financial Times" schätzt, dass er 60 Prozent der syrischen Wirtschaft kontrolliert.

    Draußen vor der Stadt kämpft das syrische Bettelproletariat ums Überleben. Menschen hocken am Straßenrand. Es ist der Basar der Armen. Das Einzige, was sie verkaufen können, ist vielleicht eine Plastiktüte voller Maiskörner oder Minzblätter. Etwas abseits sitzt ein kleiner Junge mit einer alten Personenwaage. Für einmal Wiegen verlangt er ein paar Cent. Den Autowäschern geht es in den reicheren Neubaugebieten im Westen von Damaskus ungleich besser. Stoßstange an Stoßstange reihen sich dort die Limousinen; in Sekundenschnelle wischen ganze Kolonnen von Fensterputzern den Wüstenstaub von Scheiben und Motorhauben. Damaskus ist eine Hauptstadt der großen Gegensätze. Die soziale Schere geht so weit auseinander, dass es eigentlich schon längst zu Unruhen hätte kommen müssen.

    Über Damaskus weht 2011 nur noch eine Fahne: die syrische. Und zwar sowohl bei Protesten gegen das Regime als auch bei Kundgebungen für Bashar Al Assad. Diese Jubeldemonstrationen gibt es vor allem in den christlichen Quartieren der Altstadt – und dort herrscht ein gewisser Zwang zur Konformität: überall das Konterfei des Präsidenten – auf Plakaten, Fahnen und Fähnchen, selbst auf Aufklebern für Kühlschränke. Mittlerweile wird das Abbild Bashar Al Assads wie eine Reliquie verehrt, ja fast angebetet. Die meisten Christen sehen in ihm einen Schutzpatron. Nur er sei der Garant dafür, dass sie, die Christen, in Syrien nicht verfolgt würden, so die weitverbreitete Ansicht.

    Das politische System der Assads stützt sich auf den Ausgleich zwischen den Minderheiten. 74 Prozent der Bevölkerung gehören zur sunnitischen Richtung des Islam. Dagegen sind nur zehn Prozent Alewiten und etwa zehn Prozent Christen. Um sich an der Macht zu halten, hatte schon Bashars Vater Hafiz Al Assad dafür gesorgt, dass Spitzenpositionen im Militär von Alewiten oder Christen bekleidet wurden. Die Elitetruppe der vierten Division und die republikanische Garde bestehen ausschließlich aus Alewiten – angeführt von Bashars Bruder Maher. Sie sind am besten bewaffnet und gelten als besonders loyal und skrupellos. Sie sind das militärische Rückgrat des Assad-Clans. Die Aufgabe der republikanischen Garde ist die Verteidigung der Hauptstadt.

    Wer diese militärische Einheit durchbrechen will, so wie es die sogenannte freie syrische Armee aus desertierten Soldaten des regulären Militärs inzwischen versucht, der macht sich viele Christen und Alewiten unweigerlich zum Feind. Da sich dieses anschwellende Heer der freien Armee Syriens fast ausschließlich aus Sunniten zusammensetzt, entsteht der Eindruck, dass ein Krieg zwischen Religionen und Konfessionen droht. Genau diese Angst schürt das Assad-Regime bei den konfessionellen Minderheiten und bei der Mehrheit der Sunniten. Vor konfessionell unterfütterten Konflikten, wie während des 15-jährigen Bürgerkriegs im Libanon, schrecken die meisten Syrer zurück. Sie ziehen diesen Diktator noch allemal Krieg und Chaos vor. Und das Regime spielt mit diesen Ängsten – sie halten das Volk zusammen. Hinzu kommt die Furcht vor den allgegenwärtigen Geheimdiensten und Shabiha-Gruppen.

    Schabiha – der Begriff leitet sich vom arabischen Wort für Gespenst ab. Die Geisterhaften, so werden die paramilitärischen Gruppierungen genannt, die als Schlägertruppen Demonstrationen gegen das Regime auflösen sollen. Außerhalb von Damaskus sind die Schabiha mit Schusswaffen ausgestattet und sollen für den Großteil der Ermordung von Demonstranten verantwortlich sein. Manchmal tragen sie auch die Uniformen der regulären Armee. In der Hauptstadt soll ihr Befehl angeblich lauten, nicht zu töten, um die Damaszener nicht gegen sie aufzubringen.

    Die Shabiha patrouillieren vor allem in den Abendstunden vor den Moscheen in Damaskus. Immer haben sie Schlagstöcke dabei. Einige sind auch nur mit Dachlatten bewaffnet. Der Anblick suggeriert rohe Gewalt und wirkt auf mich noch brutaler als der Lauf eines Maschinengewehrs. Schusswaffen gehören in Syrien zum alltäglichen Straßenbild. Alle staatlichen Einrichtungen werden von bewaffneten Soldaten bewacht. Die brutalen Geister mit ihren Stöcken hingegen sind neu und sie versetzen die Hauptstadt in Angst und Schrecken. Angeblich dauert es höchstens zehn Minuten, bis eine Gruppe von Shabiha am Schauplatz einer Demonstration auftaucht.

    Auch aufseiten der Opposition wird aufgerüstet. Nach über acht Monaten der Proteste greifen selbst ehemals friedliche Demonstranten zu Waffen. Immer mehr Deserteure stoßen zur sogenannten freien syrischen Armee. Und selbst in der Hauptstadt kann der Löwe von Damaskus sich nicht mehr sicher sein. Mitte November schlagen Panzerfaustgeschosse in der Zentrale der Baath-Partei ein – mitten in der Stadt und im Herzen des Regimes.

    Es wird kalt in Damaskus. Der arabische Frühling in Syrien steht vor dem Winter. Seit einigen Wochen herrschen in der Nacht Temperaturen um den Gefrierpunkt. Das Heizöl ist aber knapp. Jeden Tag wird der Strom für mindestens eine Stunde abgeschaltet. Das sind die Vorboten der noch schärferen Wirtschaftssanktionen gegen Syrien. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wird noch weiter steigen, sowohl bei den Assad-Anhängern als auch bei der bislang schweigenden Mehrheit des syrischen Volks. Wie lange werden sie ihrem Löwen Bashar Al Assad noch die Treue halten? Einem Präsidenten, der dem Blutvergießen partout kein Ende macht. Der aber auch nicht mehr vermag, seine Kritiker zum Schweigen zu bringen.

    Damaskus, das ist auch die Stadt, in der Saulus zum Paulus wurde. Kommt auch Assad, der wilde Löwe von Damaskus, hier noch zur Besinnung? Trotz zahlreicher Sanktionen aus dem Westen und wachsenden Drucks auch aus den arabischen Ländern sieht es nicht danach aus. Im Gegenteil: Der Löwe hat sich in den Überlebenskampf verbissen; er hat nun keine andere Wahl mehr. Vielleicht wird ihm Damaskus noch zur Falle werden.

    Im September musste ich Damaskus verlassen – mir ging das Geld aus, weil die Kreditkarten wegen der Wirtschaftssanktionen gesperrt worden waren. Jetzt verfolge ich die Ereignisse von Deutschland aus und ich bin in Gedanken bei meinen Freunden und Kommilitonen. Gerne würde ich nach Damaskus zurückkehren, aber das geht nicht mehr. Das Regime lässt mich nicht mehr ins Land. Denn ich habe die Rollen gewechselt. Ich bin nicht mehr Student. Ich bin zum Berichterstatter geworden.