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Prozess gegen LRA Ugandas
Mit brutalster Gewalt zum christlichen Gottesstaat

Die LRA in Uganda gilt als eine der schlimmsten Terrorgruppen der Welt. Sie terrorisiert seit Jahrzehnten - und beruft sich dabei auf die Bibel. Mit dabei war Dominic Ongwen. Vom Opfer zum Täter: Glaubt man seinen Worten, wurde er als Kind verschleppt und zum Kämpfen gezwungen. Nun sitzt er selbst auf der Anklagebank des Internationalen Strafgerichtshofs.

06.12.2016
    Dominic Ongwen muss sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantworten.
    Dominic Ongwen muss sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantworten. (Michael Kooren / Pool / ANP / REUTERS POOL)
    Vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag hat der erste Prozess gegen einen mutmaßlichen Anführer der ugandischen Terrorgruppe "Widerstandsarmee des Herrn" (LRA) begonnen. Angeklagt ist Dominic Ongwen, der sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantworten muss. Dazu gehören Angriffe auf die Zivilbevölkerung, Morde, Sex-Sklaverei und Folter. Ongwen wies die Vorwürfe zurück.
    Er sei selbst ein Opfer der LRA, sagte der 1975 geborene Angeklagte. Nach eigener Darstellung war er als Zehnjähriger auf dem Schulweg von der Terrorgruppe entführt worden. Die LRA beruft sich auf die biblischen Zehn Gebote, will einen christlichen "Gottesstaat" errichten und hat Tausende Jungen als Kindersoldaten missbraucht. Ongwen soll für Überfälle auf Flüchtlingslager verantwortlich sein und die Verschleppung Tausender Schulkinder verantwortet haben. Nach fast zehn Jahren Flucht war der mutmaßliche Warlord Ongwen im Januar 2015 gefasst worden.
    Mehr als 4.100 Menschen lassen sich als Opfer registrieren
    Chefanklägerin Fatou Bensouda nannte Ongwen einen Mörder und Vergewaltiger, der wegen seiner Brutalität und unbeugsamen Loyalität zum Stellvertreter des international gesuchten LRA-Chef Joseph Kony aufgestiegen sei. Dass er als Kind verschleppt worden sei, rechtfertige seine Taten nicht. Ongwen erklärte dagegen, er repräsentiere nicht die LRA. Den insgesamt 70 Anklagepunkten müsse nicht er sich stellen, sondern Kony.
    Insgesamt haben sich mehr als 4.100 Menschen für den Prozess als Opfer Ongwens registrieren lassen. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag verfolgt Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Das Gericht kann bei einem Schuldspruch eine Höchststrafe von 30 Jahren Haft verhängen. Der Prozess wird unter Vorsitz des deutschen Richters Bertram Schmitt geführt. Die Verhandlungsdauer wird auf mehrere Jahre geschätzt.
    Die "Widerstandsarmee des Herrn" wurde vor rund 30 Jahren in Norduganda gegründet und zählt zu den brutalsten Terrorgruppen Afrikas. Inzwischen hat sie ihre Basen im Südsudan, in der Zentralafrikanischen Republik und im Kongo. Menschenrechtlern zufolge ist die Organisation für die Vertreibung von mehr als 800.000 Menschen und die Entführung und Versklavung von mindestens 20.000 Kindern verantwortlich.
    (tgs/ach)