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Prozess in China
Kritische Journalistin bestreitet Vorwürfe

Eine der bekanntesten regierungskritischen Journalistinnen in China steht wegen Geheimnisverrats vor Gericht. Zum Prozessauftakt wies Gao Yu, die auch für die Deutsche Welle geschrieben hat, die Vorwürfe zurück. Sie sei zu einem Geständnis gezwungen worden.

21.11.2014
    Die chinesische Journalistin Gao Yu gibt am 5. Februar 2007 eine Pressekonferenz in Hongkong.
    Die chinesische Journalistin Gao Yu steht erneut vor Gericht. (afp/Clarke)
    Die kritische chinesische Journalistin Gao Yu hat zum Prozessauftakt in Peking Vorwürfe des Geheimnisverrats vehement bestritten. Ein im Staatsfernsehen zuvor ausgestrahltes Geständnisvideo von ihr sei unter Zwang von Polizisten entstanden, sagte sie nach Angaben ihres Anwaltes in Peking. Die Staatsanwaltschaft werfe Gao Yu vor, Staatsgeheimnisse an das Ausland verraten zu haben. Im schlimmsten Fall drohe ihr die Todesstrafe. Ihr Anwalt Mo Shaoping geht von einer Gefängnisstrafe zwischen fünf und zehn Jahren aus. Ein Termin für die Urteilsverkündung steht noch nicht fest.
    Journalistin war bereits in Haft
    Gao Yu soll ein hoch vertrauliches Dokument an ausländische Medien gegeben haben. Beobachter meinten, es könne sich um das "Dokument Nr. 9" gehandelt haben. Es listet Bedrohungen für die Kommunistische Partei auf und fordert einen harten ideologischen Kurs. Die Journalistin, die bis 1999 wegen eines ähnlichen Vorwurfs sechs Jahre in Haft gesessen hatte, durfte in China schon lange nicht mehr publizieren. Sie schrieb aber für ausländische Medien wie den chinesischen Dienst des deutschen Auslandssenders Deutsche Welle.
    In dem Verfahren gegen Gao Yu sollen neue, strengere Gesetze zum Schutz von Staatsgeheimnissen angewendet werden. "In Wahrheit geht es aber nicht um juristische Vergehen, sondern ihr wird aus politischen Gründen der Prozess gemacht", kritisierte ihr zweiter Anwalt Shang Baojun. Bereits im Vorfeld des Prozesses habe Gao Yu gegenüber dem Richter betont, dass das Geständnis erzwungen gewesen sei. "Trotzdem bleibt es das wichtigste Beweisstück der Anklage. Das entbehrt jeder juristischen Grundlage", klagte der Anwalt.
    NGOs wittern Kampagne
    Menschenrechtsgruppen kritisierten das Vorgehen gegen Gao Yu scharf. "Ein unter Zwang aufgezeichnetes vermeintliches Geständnis vor Prozessbeginn im Fernsehen auszustrahlen, spricht jeglicher Rechtsstaatlichkeit Hohn", sagte Christian Mihr von der Organisation Reporter ohne Grenzen.
    Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete den Prozess als Offenbarungseid für Chinas Führung. Das Verfahren entlarve die von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping propagierte Kampagne für mehr Rechtsstaatlichkeit als Farce.
    (fwa/tj)