Freitag, 19. April 2024

Archiv

Prozessoren
Ungewisse Zukunft für IBMs Power-Technologie

Einige Marktstatistiken in der IT-Branche werden 2015 anders aussehen als gewohnt. IBM hat das Geschäft mit x86-Servern an den chinesischen Konzern Lenovo verkauft und die Chip-Fabriken sollen an den Auftragsfertiger Global Foundries abgegeben werden. Das wirft Fragen nach der Zukunft der Prozessor-Technologie von IBM auf.

Von Achim Killer | 17.01.2015
    Eine Reihe von Servern steht in einem Rechenzentrum.
    Die Power-Prozessoren von IBM arbeiten vor allem in Hochleistungs-Servern. (Imago/McPhoto)
    Vier vitale Prozessor-Architekturen gibt es noch, die von Intel in PCs und die von ARM in Smartphones und Tablets. Die beiden übrigen gehören IBM. Power-Chips takten in Supercomputern und Hochleistungs-Servern. Und die Stückzahlen haben bis vor einiger Zeit Spielekonsolen gebracht. Da aber ist Power zugunsten von x86 rausgeflogen, weil dafür, für Intel-kompatible Prozessoren, die Programmierer eh schreiben müssen, sagt Sergis Mushell vom Analystenhaus Gartner:
    "Spiele auf PCs werden immer populärer. Und für einen Entwickler ist es wenig sinnig, wenn er für zwei verschiedene Plattformen programmieren muss."
    IBM hat denn auch die Weiterentwicklung der Power-Architektur an ein Konsortium abgegeben, dessen Mitglieder etwa Schnittstellen definieren und die so angepasste IBM-Technik dann in eigenen Produkten verwenden. Den Vorsitz dieses Openpower-Konsortiums hat – aus gutem Grund – derzeit Google inne, ein Unternehmen, in dessen Rechenzentren die meisten Server stehen. Eine Million sollen es sein, wie es heißt.
    "Was Google macht – machen viele andere in dem Bereich auch – ist, dass sie die Rechner, die sie brauchen, selbst entwickeln. Die einzige Möglichkeit, die sie bis dato hatten, war, das mit Intel-Prozessoren zu bauen. Mit Open-Power und dem Open-Power-Konsortium stellen wir ganz klar die Power-Plattform als Alternative zu Verfügung. Und Stand heute hat Google tatsächlich einen Power basierten Rechner entwickelt, der auch gefertigt wurde. Und der inzwischen bei Google im Test ist."
    So Ralf Fischer, der für die Hardware-Entwicklung zuständige Vice-President bei IBM. Und dann sind da noch die Großrechner, die Mainframes. Deren Prozessordesign wird der Konzern künftig vom Auftragsfertiger Global Foundries in Silizium gießen lassen. Mainframes sind eine ganz eigene Welt. Zwischen einer und zehn Millionen Dollar muss man schon anlegen für einen solide ausgebauten Rechner. Nur wenige Unternehmen leisten sich das.
    "Weltweit sind es etwa 10.000 bis 12.000. Es geht hier also nicht um Quantität, sondern um Qualität. Zu den Anwendern gehören die wichtigsten Organisationen, Geschäftsbanken, Versicherungen, große Industrie-Unternehmen und staatliche Stellen. Also: Mainframes halten die Welt zusammen", sagt der Analyst Josh Krischer. Stückzahlen bringt das nicht. Aber die spielen in dem Geschäft auch keine Rolle. Sergis Mushell erwartet auch nicht, dass IBM einmal Mainframes mit Intel-Prozessoren bauen könnte, wie's die ehemalige Fujitsu-Siemens vorgemacht hat. Technisch wäre das zwar möglich, aber ganz schlecht fürs Marketing.
    "Wie könnten sie sich von der Konkurrenz unterscheiden, wenn sie x86-Prozessoren verwenden würden? Wenn alles dasselbe ist, ist so etwas schwierig."
    IBM also ist wohl endgültig raus aus dem Massenmarkt für Prozessoren. Und dort, auf dem Massenmarkt, entscheidet sich die technologische Entwicklung. So haben in hohen Stückzahlen produzierte Intel-Chips weitaus ambitioniertere Architekturen wie Alpha, PA-Risc und MIPS aus Arbeitsplatzrechnern, Servern und Supercomputern verdrängt. Und später dann die Intel-PC-Chips die Itanium-Prozessoren des Konzerns für Server. Ob IBMs Power im Konsortium überleben wird, ist offen. Aber spezielle Mainframe-Prozessoren wird es wohl noch lange geben. Denn in dieser abgeschotteten, proprietären IT-Welt gelten die ansonsten unerbittlichen Branchengesetze nicht.