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Prügel und sexueller Missbrauch

Jahrzehntelang sind Tausende von irischen Kindern in Heimen systematisch geprügelt, gedemütigt und geschändet worden. Diese Institutionen wurden von katholischen Orden geführt, aber der irische Staat war Komplize, denn er behielt die Verantwortung für diese Kinder. Die irische Gesellschaft steht unter Schock.

Von Martin Alioth | 26.05.2009
    John Kelly, ein Sprecher der Opfer-Vereinigung SOCA, zitterte vor Wut über die Lücken im Untersuchungsbericht über den Missbrauch von Kindern.

    Die Tatsachen seien schon seit zehn Jahren bekannt, jetzt seien sie bloß amtlich verbürgt. Aber der Bericht gehe nicht weit genug. - In der Tat hatte die Kommission widerstrebend darauf verzichtet, die über 800 Täter, die in über 200 katholischen Anstalten systematisch Kinder missbrauchten, namentlich zu nennen. Denn der schuldigste Orden, die "Christian Brothers", hatte erfolgreich mit Verleumdungsklagen gedroht. John Kelly genügte das nicht. Bischöfe und Ordensführer sollten vor Gericht gestellt werden.
    Die Ministerialbürokraten, die ihre Verantwortung für das Wohl der Kinder missachteten, sollten ebenfalls zur Rechenschaft gezogen werden.

    Andere Missbrauchsopfer drückten ihre Zustimmung aus, während Kelly sprach. Es stimmt, dass die Tatsache des weit verbreiteten Missbrauchs schon lange bekannt war. Der Bericht belegte, wie systematisch und flächendeckend die Quälereien waren, und wie lange sie andauerten. Seither fragt sich die irische Gesellschaft, weshalb die irische Kirche derart auf Abwege geraten war?

    Und man stellt sich grundsätzliche Fragen darüber, was für eine Gesellschaft das denn gewesen sei, die ihre ärmsten und schutzlosesten Kinder in brutale Straflager sperrte? Die emotionalen Wunden sind nie verheilt:
    Die Opfer fühlten sich leer und betrogen, bekannte Kelly. Der gegenwärtige katholische Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, ein aufgeklärter Mann, forderte die verantwortlichen Orden gestern auf, wenigstens ihre Entschädigungsleistungen für die Opfer zu erhöhen. Denn das Unrechtsbewusstsein der "Christian Brothers" beispielsweise klingt noch immer nicht glaubwürdig.